FDP-Aufruf zu Schulfrieden endet in Schlagabtausch

16.10.2014 
Redaktion
 

Stuttgart. Ungehört verhallte der Aufruf zu einem Schulfrieden unter den Landtagsparteien in Baden-Württemberg durch den bildungspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, Timm Kern, und zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem bildungspolitischen Konzept der FDP-Fraktion, das Kern bei einer von seiner Fraktion beantragten aktuellen Debatte im Landtag vorstellte und zu dem er um Bewertungen und konstruktive Kritik bat.

Die Sprecher von Grünen, SPD und CDU nutzten die Debatte weniger zur Auseinandersetzung mit dem FDP-Konzept als zu einem Schlagabtausch, der bereits den kommenden Landtagwahlkampf vorwegnahm und warfen sich  gegenseitig fehlende oder falsche Bildungskonzepte sowie die Verunsicherung der Menschen vor.

Liberale wollen „aufgewühlte Situation“ beruhigen

Kern nannte die Eckpunkte seines Konzepts, das er als Grundlage für einen konstruktiven Diskussionsprozess verstanden haben will. Unter anderem  „Subsidiarität“, bei der das Land die Ressourcen stelle und die Entscheidung über die Verwendung der Mittel  vor Ort falle; schnelle Hilfe für überforderte Fünft- und Sechstklässler und eine mögliche Wiedereinführung der Grundschulempfehlung; die Einhaltung des Rucksackprinzips, um fairen Wettbewerb zwischen den Schulen zu gewährleisten  – das Geld folge dem Schüler, nicht dem Lehrer an die Schulen; und schließlich das Prinzip der eigenständigen Schule. „Wir haben eine aufgewühlte Situation im Bildungsbereich. Die Menschen wünschen sich mehr Planbarkeit und  Verlässlichkeit“, sagte Kern und forderte  im Land einen bildungspolitischen Rahmen ein, der sich durch „Klarheit, Transparenz und faire Bedingungen auszeichnen“.

Volker Schebesta (CDU) verlor allerdings kaum ein Wort über das FDP-Papier. Wichtig sei im bildungspolitischen Klima vor allem, dass den Schulen und Lehrern der Unterricht nicht erschwert werde.  Durch „grün-rote Irrungen und Wirrungen“ sei aber genau dies erfolgt. Zudem werde einseitig für Gemeinschaftsschulen geworben und diese Schulart nach wie vor in der Ausstattung gegenüber anderen Schularten bevorzugt. Dass es kein einheitliches bildungspolitisches Konzept der CDU gebe, führte Schebesta auf die durch die Landesregierung geschaffene Unruhe in der Bildungslandschaft zurück. „Da gibt es beim derzeitigen Stand so große Probleme, dass es verständlich ist, dass wir dabei um Positionen ringen.“

Grüne könnten einzelne FDP-Forderungen mittragen

Für die Grünen wies Sandra Boser die FDP-Forderung nach einem Schulfrieden zurück. „Wir haben keine kriegsähnlichen Zustände an Schulen“, sagte Boser,  „also können wir nicht von Frieden sprechen, sondern von Schulkonsens.“  Der CDU warf Boser vor, kein eigenes Bildungskonzept vorzulegen. Sowohl beide CDU-Kandidaten um die Spitzenkandidatur als auch CDU-Abgeordnete und der Fraktionsvorsitzende würden sich mit ihren bildungspolitischen Forderungen wiederholt wiedersprechen.  „Wo soll Schulfrieden ansetzten, solange die CDU nicht ihren Frieden mit der eigenen Bildungspolitik gemacht hat?“ fragte Boser.  Zum liberalen Bildungskonzept sagte Boser, die Grünen könnten einzelne Forderungen – wie etwa ein eigenes Budget für Schulen – mittragen. Kerns Papier sei allerdings ein  „bunter Farbenkasten“.  „Das Erbe der FDP wäre ein buntes Chaos“, so Boser.  „Einen Konsens, der darauf abzielt, die Bildungslandschaft umzukrempeln, werden wir sicher ablehnen.“

Dass mit der SPD ein „Schulfrieden“ bereits vor einem Jahr möglich gewesen wäre, darauf verwies ihr Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei. Die CDU habe diesen aber abgelehnt. Mittlerweile habe sich im Land die Stimmungslage deutlich gedreht, bei den Ganztagsschulen herrsche eine Aufbruchsstimmung.  Auch die Lehrer würden begrüßen, dass weniger Stellen gestrichen werden, als bislang geplant war. „Die Reformen greifen“, so Fulst-Blei. „Bei Inklusion und Realschulen sind wir dran. Wir arbeiten systematisch ab, was CDU und FDP jahrzehntelang liegen gelassen haben.“ Die FDP bemühe sich zumindest um eine Diskussionsgrundlage. „Sie ist nicht immer schlüssig, aber zumindest intern abgestimmt.“  Allerdings ist für Fulst-Blei derzeit nicht die FDP das Problem. „Die  CDU muss erst einmal ihr Chaos überwinden. Sie hat nicht nur kein Konzept, sondern auch Probleme, einen Ansprechpartner für Bildung zu finden“, sagte er. „Wenn jemand Schulfrieden braucht, ist es vor allem die CDU in den eigenen Reihen.“

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) schließlich wertete das Angebot der FDP als Möglichkeit, nicht in einen Ideologiestreit zu verfallen, sondern zu fragen, wie man optimales Lernen für Kinder erreichen könne.  „Wir haben einen gewissen Nachholbedarf im vorschulischen Bereich. Die Ganztagsgrundschule ermöglicht bereits die von der FDP geforderte Subsidiarität – vor Ort kann entscheiden werden“, so Stoch. 


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Titelbild Staatsanzeiger