Stuttgart. Begleitet von Protesten der Berufsverbände in der Stuttgarter Innenstadt hat der Landtag am Mittwoch die Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten in Baden-Württemberg beschlossen. Mit den Stimmen von Grün und Rot verabschiedete das Parlament das Gesetz, wonach die Besoldung der 180 000 Landesbeamten und die Versorgung der 100 000 Pensionäre die für die Tarifbeschäftigten beschlossene zweistufige Erhöhung um 5,6 Prozent erst zeitversetzt bekommen.
Im ersten Schritt erhalten die Beamten linear 2,45 Prozent mehr, die Anwärter 50 Euro. Die Erhöhung wird für die Besoldungsgruppen A5 bis A9 zum 1. Juli, für die Gruppen A10 und A11 zum 1. Oktober und für die übrigen Gruppen zum 1. Januar 2014 wirksam. Die zweite, lineare Erhöhung um 2,75 Prozent erfolgt zum 1. Juli 2014, zum 1. Oktober 2014 und zum 1. Januar 2015. Änderungsanträge von CDU und FDP lehnte das Parlament ab. Die Gewerkschaften hatten gefordert, den Abschluss ohne Abstriche auf die Landesbeamten anzuwenden.
Finanzminister Nils Schmid (SPD) bezeichnete die zeitliche und soziale Staffelung als „gute Lösung“. Bei den Beamten werde nicht gekürzt, sondern die Erhöhung zeitverzögert vorgenommen. Aus Sicht von Schmid ist der öffentliche Dienst im Südwesten das „Rückgrat“ eines handlungsfähigen Staates und damit mehr als ein Kostenfaktor.
Die Regierung habe sich die Abwägung nicht leicht gemacht. Er verwies darauf, dass die Personalkosten im Landeshaushalt inzwischen mit mehr als 40 Prozent zu Buche schlagen. Durch das von Grün-Rot vorgelegte Gesetz würde auch der öffentliche Dienst an der allgemeinen Tariferhöhung partizipieren. Er kritisierte die Opposition, die „keinen einzigen tragbaren Sparvorschlag“ gemacht habe. „Wir sind die Regierung, die für den öffentlichen Dienst eintritt, während Sie dies jahrelang vernachlässigt haben“, warf der Minister CDU und FDP vor. Schmid erklärte, die Landesregierung habe in den zwei Jahren ihrer Regierungszeit schon Lücken im Etat in Höhe von 2,9 Milliarden Euro geschlossen.
Für Joachim Kößler (CDU) hat die Regierung mit dem Gesetz das Vertrauen der Beamtenschaft zerstört. Seine Partei lehnte die sozial gestaffelte, verzögerte Erhöhung der Bezüge ab. „Bezahlen Sie gut, aber geizen Sie mit der Zahl der Stellen“, forderte Kößler von Grün-Rot Es müsse auch eine Aufgabenkritik geben. Er forderte, zumindest bei den Pensionären der Gruppen A1 bis A4 keine Verzögerung einzuführen.
Dagegen argumentierten Muhterem Aras (Grüne) und Klaus Maier (SPD), die Verschiebung der Besoldungserhöhung sei zumutbar und angemessen und trage zur Konsolidierung des Haushalts bei. Die Personalkosten könnten bei der Sanierung des Haushalts und der Einführung der Schuldenbremse „nicht außen vor“ bleiben. „Wir sind hin gestanden, auch wenn es Buhrufe und Pfiffe gab“, sagte Aras. Am Ende sei die Botschaft an alle Beamten wichtig: „Alle bekommen mehr, alle haben ein Plus, niemand hat weniger Geld.“ Die Landesregierung unternehme keine volle Fahrt voraus, aber auch keine Vollbremsung und handele „vertrauensvoll“.
Maier erinnerte daran, dass sich eine zeitnahe Übernahme der Besoldungserhöhung mit mehreren hundert Millionen Euro zu Buche geschlagen hätte. „Wir verstehen den Unmut der Beamten, müssen aber auch die Haushaltskonsolidierung ernst nehmen“, erklärte der SPD-Politiker. Er erinnerte daran, dass der Besoldungszuwachs für Beamte wertvoller sei als der für die Angestellten. Außerdem würden die Pensionen stärker steigen als die Renten. Im Übrigen sei die Verschiebung der Erhöhung nichts Neues, sondern auch schon häufig von CDU/FDP praktiziert worden.
Dies gab auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke zu. Er hatte die Zustimmung der Liberalen davon abhängig gemacht, dass von der Regierung die gekürzte Einstiegsbesoldung für junge Staatsdiener zurückgenommen wird. Dies lehnte Grün-Rot ab. Zur Kritik Rülkes, die Regierung sei unfähig, mit dem Beamtenbund zu einem Konsens zu gelangen, konterte Finanzminister Schmid. „Zu einem Kompromiss gehören immer zwei. Wenn die eine Seite nur dann zu einer Vereinbarung bereit ist, wenn sie 100 Prozent ihrer Forderung umsetzen kann, dann bleibt dieser Weg leider verschlossen“, sagte Schmid in Richtung Gewerkschaften.