Toter Wolf vom Schluchsee stammt aus Niedersachsen

20.07.2017 
Redaktion
 

Stuttgart. Der am 8. Juli im Schluchsee gefundene tote Wolf kam aus Niedersachsen. Dies gab Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Donnerstag in der Debatte „Wolfsmanagement und Wölfe in Baden-Württemberg“ im Landtag bekannt. Nach Angaben des Senckenberg-Instituts für Wildtiergenetik stammt das junge Tier GW 630 M aus einem Wurf von drei Welpen, die im über 600 km Luftlinie entfernten Schneverdingen geboren wurden. Es handele sich demnach um ein Exemplar der zentraleuropäischen Flachlandpopulation. 

In Baden-Württemberg wurden bisher vier Wölfe gesichtet; zwei waren 2015 auf den Autobahnen 5 und 8 überfahren worden, 2016 wurde ein Wolf aus der Baar fotografiert und eben das kürzlich bei Überlingen und Breitnau gesichtete und später im Schluchsee gefundene Tier. In allen vier Fällen habe es keine Übergriffe auf Nutztiere gegeben, sagte Untersteller. Menschen hat der Wolf ohnehin noch nie angegriffen. Sollte ein Wolf einmal Nutztiere reiße, gebe es Geld aus einem Entschädigungsfonds.

Baden-Württemberg betreibe ein aktives Wolf-Monitoring, berichtete Untersteller und verwies auf den im Dezember 2013 herausgebrachten Handlungsleitfaden für das Auftauchen einzelner Wölfe im Südwesten. Er wünsche sich ein „sachliche Debatte“ zu diesem Thema, wohlwissend, dass der Wolf „ambivalente Gefühle“ auslöse: „Der Wolf polarisiert!“Aus Sicht des Ministers ist es „nur eine Frage der Zeit“, wann sich das bereits in Ost- und Norddeutschland, in den Vogesen und in der Schweiz etablierte Tier auch im Südwesten ansiedelt. Und er habe keine Chance, im Zeitalter des Handys unentdeckt zu bleiben. Untersteller wünscht sich eine „sachliche Debatte“ über das Tier; der Wolf sei jahrhundertelang im Südwesten zu Hause gewesen und das Land sei auf seine Rückkehr vorbereitet. Das Ministerium und die Landtagsfraktionen verständigten sich auf eine öffentliche Anhörung zum Thema Wolf am 26. Oktober mit allen beteiligten Verbänden. 

Die Diskussion im Landtag verlief sachlich, auch wenn Friedrich Bullinger (FDP) fragte: „Kommt er, brauchen wir ihn, wer will ihn? Können wir ihm das bieten, was er braucht?“ Man brauche weder eine Wolfspanik noch eine Wolfsromantik. In der Anhörung würden die Konfliktpotenziale und die Betroffenen angesprochen, also die Landwirte, die Schaf- und Ziegenhalter sowie die Forstwirte und Jäger. Alle müssten eingebunden werden. Und es müsse geklärt werden, ob dem Wolf überhaupt artgerecht das Umfeld geboten werden kann. Für Bullinger kündigt sich mit Bauern und Landschaftspflegeverbänden der große Konflikt an: „Sie alle brauchen den Wolf nicht und sie befürchten nichts Gutes.“ Der Liberale glaubt, dass Wölfe in dünn besiedelten Landstrichen existieren können, aber nicht in Baden-Württemberg.

Bedenken äußerte auch Udo Stein (AfD). Eine Wolfs-Familie benötige 250 qkm Fläche, also zweimal so viel wie der Nationalpark im Nordschwarzwald. Er befürchtet, dass die Ansiedlung „nur in Konkurrenz zum Menschen und im Konflikt mit ihm“ geht. Baden-Württemberg sei ein dicht besiedeltes Land, da dürfe es keine unkontrollierte Ausweitung des Wolfes geben, um andere Tiere nicht zu gefährden.    Die Abgeordneten der anderen Parteien äußerten weniger Bedenken.

„Es stelle sich nicht die Frage, ob man den Wolf haben will oder nicht. Er kommt einfach“, konstatierte Markus Rösler (Grüne). Er komme wieder, wie der Steinadler, Wanderfalke, die Wildkatze und der Luchs. „Tot gefahren, tot gefahren, spurlos verschwunden, unnatürlich tot im See – das ist die Bilanz der ersten vier Wölfe, die bei uns 150 Jahre nach der Ausrottung wieder vorfanden“, sagte Rösler. Falls sich der Wolf im Südwesten ansiedele, bedeute dies mehr Naturvielfalt. Gleichzeitig wies er auf die Wichtigkeit der Schäfer für den Naturschutz im Lande hin. 

Aus Sicht von Raimund Haser (CDU) hat der Wolf „ein Recht, bei uns zu leben“. Sein Image leide unter einem historisch gewachsenen Zerrbild, der Wolf sei ein „emotionales Thema“. Die Politik dürfe sich davon nicht beirren lassen. Momentan gebe es lediglich eine Diskussion, aber keine Population. Die CDU habe der Anhörung zum Wolf auch nur zugestimmt, wenn es im Frühjahr auch zu einer Diskussion über vorhandene Tiere kommt: Über die 3000 Biber oder die täglich drei Tonnen Fisch fressenden Kormorane. 

Gabi Rolland (SPD) glaubt, dass die Probleme, die mit dem Wolf auftauchen, „beherrschbar“ sind. „Willkommen Wolf“, sage die SPD-Fraktion, auch in Baden-Württemberg sei für ihn Platz. Der Prozess der Einwanderung müsse aktiv gestaltet werden, mit Aufklärung der Bevölkerung, Hilfestellung für Bauern und Züchter und finanzielle Unterstützung der Betroffenen.


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