Heftige Grundsatzdebatte in Sachen Bildung

Stuttgart. Eine große Anfrage der CDU zur aktuellen Bildungspolitik hat eine heftige Debatte im Landtag ausgelöst. Das Motto der Anfrage lautete: "Aktuelle Bildungsforschung belegt: Guter Unterricht braucht gute Lehrer - und keine bloßen Lernbegleiter". Regierung und Opposition haben sich im Verlauf der Debatte gegenseitig vorgeworfen, falschen Konzepten anzuhängen.

Für die CDU brachte Georg Wacker die Kritikpunkte  vor, die sich auf den neuseeländischen Bildungsforscher John Hattie stützen. Wacker konstatierte, dass an den Gemeinschaftsschulen offener Unterricht und jahrgangsübergreifendes Lernen praktiziert würden, die den Lernerfolg in Frage stellen würden. Heftige Kritik übte der CDU-Abgeordnete daran, dass "Lehrer nur die Lernumgebung gestalten und Lernbegleiter sind". Die starke Fixierung auf eine Methode habe die Bildungsforschung inzwischen als "Irrweg" erwiesen.

CDU: Der Lehrer muss stärker im Zentrum stehen

Stattdessen forderte Wacker ein differenziertes Bildungswesen mit einem klug gewählten Methodenmix. Der Lehrer müsse stärker im Zentrum stehen. Seine Rolle solle gestärkt werden. Die Gemeinschaftsschule lasse die Schülerinnen und Schüler im Ungewissen und allein. Es fehle eine klare Leistungsorientierung und eine vernünftige Benotung. Er warf der Landesregierung vor, eine "Demotivationskultur" für Lehrkräfte an Werkrealschulen zu schaffen. "Wir vermissen Qualifizierungskonzepte für diese Lehrkräfte", so Wacker weiter.

Siegfried Lehmann (Grüne) warf Wacker vor, ein "Zerrbild" zu präsentieren. Die Gemeinschaftsschule denke vielmehr vom Kind her. "Es geht um angstfreies Lernen". Er bekräftigte, dass "es natürlich auf den Lehrer ankommt", das sei eine Binsenweisheit.

Stefan Fulst-Blei (SPD) warf der CDU vor, "die Lehrer an der Gemeinschaftsschule schlecht zu reden" und Hatties Forschungsergebnisse parteipolitisch zu verkürzen. Auch für den SPD-Politiker ist die Lehrperson zentral. Der von der CDU geforderte Wechsel der Methoden im Verlauf des Unterrichts finde gerade in der Gemeinschaftsschule statt, so Fulst-Blei. Das ermögliche, weg vom "Bulimie-Lernen und hin zu einem Wissen, das man anwenden kann, zu kommen". Dass das gegliederte Schulsystem Vorteile habe, ließe sich durch die Bildungsforschung nicht belegen, fügte er hinzu.

Der FDP-Politiker Timm Kern sieht die Wurzel des Übels in den Maßnahmen der Landesregierung. "Was Lehrer bei Grün-Rot alles erdulden", sagte er und verwies unter anderem auf die Absenkung der Eingangsbesoldung. Auch die Abschaffung der Grundschulempfehlung hält Kern für falsch. Er wirft der Landesregierung "die Geringschätzung der Lehrer" und die Einschränkung ihrer pädagogischen Freiheit vor. Sein Rezept: kleine Klassen, mehr Schulpädagogen und mehr Zeit für wichtige Bildungsreformen. Ein Schulfriede im Land würde Baden-Württemberg an die Spitze der Bundesländer katapultieren und zum Trendsetter machen.

Stoch: CDU will Gemeinschaftsschule schlecht machen

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) warf der CDU eine Strategie des Schlechtmachens der Gemeinschaftsschule vor. Integrierende Schulformen würden in der empirischen Bildungsforschung keineswegs schlechter abschneiden als differenzierende. Es komme sowohl auf die gute Ausbildung der Lehrer als auch auf die Ausrichtung der Schulen an. Er kritisierte, dass die CDU Hattie für ein überkommenes Schulsystem bemühe. Auch Stoch hält die Lehrkraft für zentral. Trotzdem komme man um die Schulstruktur nicht herum.