Stuttgart. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat am Mittwoch die neue Förderquote beim Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) verteidigt und gleichzeitig mehr Mittel vom Bund für die kommunale Infrastruktur gefordert.
Die Bundesregierung sei in der Pflicht, mehr für die Verkehrsinfrastruktur der Städte und Gemeinden zu tun, erklärte Hermann in der Debatte im Stuttgarter Landtag. Bis heute sei noch keine Nachfolgeregelung für die in der Föderalismuskommission II bis Ende 2019 getroffene Regelung vorhanden. „Die finanzielle Enge bleibt. Wir brauchen mehr Geld vom Bund.“ Die Mittel aus dem sogenannten Entflechtungsgesetz in Höhe von 165,5 Millionen Euro jährlich seien seit 1996 gleich geblieben. „Ohne mehr Mittel können wir nicht mehr fördern“, urteilte Hermann.
Der Ministerrat hatte am Dienstag die Freigabe zur Anhörung der Novelle des LGVFG beschlossen. Dies sei das „zentrale Instrument“ zur Förderung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur im Land und werde nun im Sinne einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung ökologisch, nachhaltig und kommunalfreundlich ausgestaltet, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Hermann wiederholte im Parlament seine Auffassung, wonach zu einer guten Verkehrspolitik in den Kommunen die umweltverträglichen Verkehrsarten ÖPNV, Rad- und Fußverkehr gehören. Das LGVFG sei eine wichtige Grundlage für die nachhaltige Verkehrswende.
Gleichzeitig verteidigte der Minister die seit 1. Januar 2014 geltende und von 75 auf 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten gesenkte Festbetragsförderung. Dadurch könnten mehr und kleinere Projekte gefördert werden. Auch Lärmschutzmaßnahmen an Straßen könnten verbessert werden. „Von den meisten Kommunen wird dies akzeptiert“, stellte Herrmann fest. Er sieht in der Festbetragsförderung eine bessere Planbarkeit für alle Beteiligten und ein Mittel gegen Kostensteigerungen.
Nicole Razavi (CDU) bezweifelte solche Wirkungen. Das Gesetz sei nicht kommunalfreundlich und könne nicht akzeptiert werden. Die Festbetragsförderung bremse die Investitionsfreudigkeit von Städten und Gemeinden, kritisierte die Verkehrsexpertin. Auch die Ausweitung der Förderungs-Tatbestände sei falsch. Sie forderte die Landesregierung auf, angesichts der sehr guten Haushaltslage selbst Geld in die Hand zu nehmen und die Förderung durch Landesmittel zu erhöhen; sonst müsse der Zuwachs an Investitionen „von den Kommunen selbst getragen werden“, was Städte- und Gemeindetag ablehnen. Bei der kommunalen Infrastruktur dürfe es nicht nur um Radfahrer und Fußgänger gehen: „Dies ist zu wenig.“
Rückendeckung erhielt Hermann von seinem Parteifreund Nikolaus Tschenk (Grüne). Er begrüßte, dass nun mehr Gemeinden Geld erhalten werden und nahm den Minister in Schutz: die Knappheit der Mittel habe nicht er zu verantworten. Tschenk sagte, die Kommunen würden den veränderten Verteilungsschlüssel akzeptieren.
Der SPD-Verkehrsexperte Hans-Martin Haller forderte die Opposition auf, bei den kommenden Beratungen für den Nachtragshaushalt „doch Anträge zu stellen“. Er begrüßte, dass durch die Novelle des LGVFG jetzt auch kleinere Projekte zum Zuge kommen werden. Diese lägen oft – im Gegensatz zu den Großprojekten – im ländlichen Raum. Die neuen Richtlinien würden auch für mehr Preisdisziplin sorgen, ist sich Haller sicher.
Der Liberale Jochen Haußmann warf Grün-Rot vor, mit dem Gesetz „noch mehr Politik gegen die Kommunen“ zu machen. Er sprach von einem „falschen Mittelansatz“ und kritisierte nicht nur die Quotensenkung, sondern auch die Einführung der 64 neuen Fördertatbestände. Haußmann kritisierte, dass im kommunalen Straßenbau seit 2014 jährlich 30 Millionen Euro jährlich fehlen.
„Wir wollen zudem die Fördermöglichkeit nachhaltiger Verkehrsträger und deren Vernetzung untereinander ausbauen. Denn der Vernetzung der verschiedenen Verkehrsformen, vor allem bei Umsteigesituationen komme eine Schlüsselrolle zu “, erklärte Verkehrsminister Hermann. Bei der Radwegeförderung seien ebenfalls zahlreiche Verbesserungen vorgesehen. Die Förderung von Radwegen werde beispielsweise auch auf Abstellanlagen für Fahrräder und auf Fußgängerbrücken ausgedehnt. Neu aufgenommen werde auch die Förderung der Fußgängerinfrastruktur als eigenständiger Fördertatbestand