Stuttgart. Mit 22 Fragen hatte der damalige AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen Anfang 2017 Aufklärung über die Abschiebung eines Flüchtlings aus Afghanistan verlangt. Am Donnerstag boten die Antworten Anlass für eine Asylrechtsdebatte im Landtag. Die Redner der anderen Fraktionen kritisierten das Vorgehen der AfD. „Man hätte die Sache nach fast zwei Jahren auch für erledigt erklären können“, sagte der SPD-Abgeordnete Rainer Hinderer, „aber die Diffamierung unseres Asylrechts und Fremdenfeindlichkeit sind Ihr genetischer Code“. Das sei „jeder Anlass recht, das Thema hochzukochen“.
Daniel Rottmann (AfD) schilderte Details des Falles: Anfang 2011 sei der afghanische Staatsangehörige eingereist, im November habe er sich taufen lassen, dann wurde sein Asylantrag durch das BAMF abgelehnt. Der Betroffene klagte mit der Begründung, „dass bei der Rückkehr als Konvertit die Todesstrafe droht“. Dessen angebliche Hinwendung zum christlichen Glauben überzeugte das Gericht nicht, dennoch wurde die Abschiebung kurz vor dem Vollzug ausgesetzt. „Da hat der Betreffende wohl einfach noch einmal richtig Glück gehabt“, so Rottmann, der von der Landesregierung wissen wollte, was sie unternehme, um verfolgte Christen zu schützen.
Der Grüne Daniel Lede Abal, der sich in dem Fall auch engagiert hatte, sah in der Debatte „ein gutes Maß politischer Heuchelei“, weil der AfD seit langem der umfangreiche Antwortkatalog vorliege. Letztlich habe das Innenministerium „die Gefährdung des Betroffenen für so groß gehalten, dass er nicht abgeschoben wurde“. Das sei im Rückblick und mit dem Wissen von heute richtig, denn inzwischen habe der Mann Schutzstatus. Hinderer befasste sich auch grundsätzlich mit Abschiebungen nach Afghanistan, die weiterhin „äußerst schwierig bleiben“.
Für die CDU erinnerte Siegfried Lorek daran, dass „Asylanträge stets auf der Basis des Einzelfalls geprüft werden“. Deutschland sei ein Rechtsstaat, „und deshalb handeln wir nach Recht und Gesetz“. Strittige Fälle wie dieser würden „objektiv überprüft“. Der frühere FDP-Justizminister Ulrich Goll vertrat die Meinung, dass der Betroffene hätte durchaus nach Kabul hätte gebracht werden könne. „Vielleicht konnte man später von einer gewissen Gefährdung reden“, so Goll, aber zu einem frühen Zeitpunkt, als der Fall noch nicht öffentlich diskutiert worden sei, „hätte der Mann ohne Weiteres nach Afghanistan reisen können“. Der Vorgang zeige, „beispielhaft, wie politisch motiviert Abschiebungen erschwert werden“. Über Abschiebungen „sollten in letzter Konsequenz Gerichte entscheiden“. Seine erste Rede im Plenum hielt der Böblinger AfD-Abgeordnete Harald Pfeiffer, der Nachrücker für Meuthen, der die CDU, der er früher angehört hat, scharf kritisierte und beklagte, wie die Zahl der Gefährder von Jahr zu Jahr wachsen.
„Es gibt keine Abschiebung nach dem Schema F", erläuterte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Das gelte auch für Fälle, in denen eine Ausreisepflicht bereits rechtskräftig festgestellt sei. Als Gründe nannte der Innenminister fehlende Identitätsweise, und im vorliegenden Fall habe noch überhaupt kein Rücknahmeabkommen bestanden. Es sei richtig gewesen, die Abschiebung abzubrechen, denn der Mann habe über eine längere Zeit im Licht der Öffentlichkeit gestanden und deshalb „hätten Auswirkungen auf seine Aufnahme im Herkunftsland nicht ausgeschlossen werden können“.