Stuttgart. Alles nicht so gemeint! Andreas Stoch (SPD) hat seine Äußerungen zu notwendigen Praktika von Lehrern präzisiert. In der Aktuellen Debatte des Landtags - "Bildungschaos in Baden-Württemberg - eine Fortsetzungsgeschichte" - betonte der Kultusminister zwar seine Auffassung, dass sich die Lehrer an weiterführenden Schulen, also auch an den Gymnasien, über die Arbeit in Unternehmen besser informieren sollen und dies auch in den Ferien geschehen solle. "Dies ist ein Gebot der Vernunft", sagte Stoch. Er bedauere jedoch, wenn der Eindruck entstanden sei, dass die Fortbildungen generell in den Schulferien stattfinden sollten. Stochs Vorstoß, den die "Stuttgarter Nachrichten" nach einem Besuch des Ministers publizierten, hatte in der vergangenen Woche einen Sturm der Entrüstung bei Lehrerverbänden verursacht.
Deshalb relativierte Stoch seinen Plan. Es gebe jetzt schon Fortbildungen in der unterrichtsfreien Zeit. "Die Lehrer leisten schon Hervorragendes auf diesem Gebiet", sagte der Minister. Da sich drei Viertel der Gymnasiasten im Hinblick auf die spätere Berufswahl zu wenig unterstützt fühlten, müsse die Berufsorientierung an den weiterführenden Schulen stärker gefördert und verankert werden. Stoch erwähnte bereits bestehende "vielversprechende Kooperationen" an Gymnasien und lobte erneut die duale Ausbildung im Südwesten.
Abgeordnete der Opposition nutzten die von der CDU-Fraktion beantragte Debatte wieder zur Generalabrechnung mit der ihrer Meinung nach verfehlten Bildungspolitik von Grün-Rot. Mit seinem "populistischen Vorstoß" zu den Betriebspraktika für Lehrer in den Ferien habe der Minister der Lehrerschaft Schaden zugefügt, kritisierte Georg Wacker (CDU). Dabei habe doch die Fortbildungsbereitschaft der Lehrer zugenommen, viele Schulen unterhielten verbindliche Kooperationen mit Unternehmen.
Für Timm Kern (FDP) besteht das Grundproblem der neuen Landesregierung darin, dass sie die Themen in der Bildungspolitik "schlecht vorbereitet hat und durchführt". Das wirkliche Wichtige sei nicht angepackt worden. So sei nichts mehr zu hören von dem im Koalitionsvertrag angekündigten verbindlichen Orientierungsplan und dem Ausbau des Kleinkindbereichs. Auch das Ganztageschulprogramm und das Sonderprogramm gegen Unterrichtsausfall seien mangelhaft. "Statt Bildungsaufbruch haben wir Bildungsabbruch", bemängelte Kern und sieht sich mit seiner Kritik auf einer Linie mit den Lehrerverbänden. Zudem fehle nach dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung die qualifizierte Beratung der Eltern. Kern warf der Regierung vor, der Realschule "das Wasser abzugraben", um die Gemeinschaftsschule zu sichern und das Zwei-Säulen-Modell durchzuboxen. Er nannte es einen Skandal, dass Grün-Rot jetzt wieder Referendare entlasse und während der Schulferien in die sechswöchige Arbeitslosigkeit schicke. Die Bildungspolitik bezeichnete er als "in hohem Maße ideologisch", Lehrer an allen Schularten seien total frustriert.
Sandra Boser (Grüne) und Stefan Fulst-Blei (SPD) wiesen die Kritik zurück. Handwerk und Industrie würden die Reformen positiv sehen, sagte Boser, die eine weitere Stärkung der Grundschulen ankündigte.
Fulst-Blei erklärte, Grün-Rot wolle den "Traum vom Aufstieg durch Bildung" verwirklichen. Die Gemeinschaftsschule sei ein Flaggschiff der Bildungsgerechtigkeit und genieße das Vertrauen der Eltern, durch die Erhöhung der Krankheitsvertretungen sei die Unterrichtsversorgung besser gewährleistet. Der Opposition warf er vor, durchs Land zu reisen und die Angst zu schüren. Das von CDU und FDP nach wie vor favorisierte dreigliedrige Schulsystem habe "keinen Bestand mehr".