Streit um die richtige Verkehrspolitik im Land

14.12.2017 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist mit der Höhe seines Haushalts zufrieden. Dieser sei ziemlich auskömmlich, gab der Grünen-Politiker am Donnerstag im Landtag bei der zweiten Lesung des Einzelplans 13 zu. „So gut ging’s mir noch nie“, konstatierte er erfreut. Personell gesehen eines der kleineren Ministerien, kam Hermann inklusive der Mittel vom Bund gut drei Milliarden Euro jährlich umsetzen. Der Einzelplan 13 im Staatshaushaltsplan umfasst 1,956 Milliarden Euro in 2018 und 1,958 Milliarden Euro im Jahr 2019.

Hermann nannte vier Herausforderungen für seine Verkehrspolitik in den nächsten Jahren: Die Mobilitätsbedürfnisse von Wirtschaft und Gesellschaft, funktionierende Mobilitätssysteme, die erfolgreiche Begleitung des Transformationsprozesses in der Automobilindustrie und der Beitrag zur Energiewende und dem Klimaschutz. „Wir sanieren jetzt konsequent, modernisieren und bauen aus“, kündigte der Minister im Hinblick auf marode Abschnitte von 9500 Kilometern Landesstraßen und mehreren tausend Brücken an. Dafür gebe der Haushalt klare Orientierung. Der öffentliche Nahverkehr bleibe aber das „Rückgrat“ des Verkehrs, ohne den der Straßenverkehr zusammenbrechen würde.

FDP kritisiert „mangelnde Transparenz“

Für die FDP reklamierte Jochen Haußmann „mangelnde Transparenz“ im Verkehrshaushalt. Aus der allgemeinen Finanzverwaltung würden 289 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt. Auch die Regionalisierungsmittel des Bundes seien nicht ausgewiesen. Der Liberale sieht ein „erhebliches Risiko“ in der 2015 gegründeten Landesanstalt für Schienenfahrzeuge, bei der das Land mit Milliardenbeträgen ins Risiko gehe. Außerdem sei die Verkehrspolitik zentrales Streitthema bei Grün-Schwarz. Haußmann warb deshalb für eine faktenbasierte, technologieoffene und innovative Verkehrspolitik, die ohne Verbote auskommt und konstruktiv mit der Automobilwirtschaft zusammen arbeitet.

Die SPD ging mit ihrem ehemaligen Koalitionspartner noch härter ins Gericht. Mit fünf Punkten begründete Martin Rivoir die Ablehnung des Haushalts. Obwohl üppigst Regionalisierungsmittel vorhanden seien, bekomme Hermann als „oberster politischer Fahrdienstleister“ die miserable Qualität des Regionalverkehrs im Land nicht in den Griff. Es gelinge auch nicht, die Städte bei den Investitionen in neue Stadtbahnwagen zu unterstützen; das zu gering dotierte Programm reiche nur für die Ersatzbeschaffung. Hermann lasse zudem die Radfahrer im Stich; die Nachfrage bei Landräten und Bürgermeistern für Radwegprojekte sei zwar da, aber vom Land gebe es keine Planung und Finanzierung. Besonders eklatant sei das Versagen der grün-schwarzen Verkehrspolitik im Bereich des ÖPNV. Die Mittel für Busunternehmen müssten sofort und nicht erst in drei Jahren aufgestockt werden. Fünfter Grund für die Ablehnung sei, dass 2019 das Landes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz auslaufe, aber keine Nachfolgeregelung in Sicht sei. Damit hätten die Kommunen keine Planungssicherheit, kritisierte Rivoir den „Skandal“. Geld habe Hermann, aber mit der CDU keinen Plan und keine Strategie. Grüne und CDU würden nicht miteinander, sondern nebeneinander her regieren.

AfD kritisiert zu wenig Geld für Straßensanierungen

Im Gegensatz zu seinem Minister-Kollegen Untersteller im Umweltressort sei Hermann bei der Finanzministerin „schlechter weggekommen“ und habe sich „nicht durchsetzen können“, urteilte Bernd Gögel (AfD). Für den AfD-Fraktionschef ist der Einzelplan 13 ein Mangelhaushalt. Zu wenig Geld für Straßensanierungen sei ausgewiesen, im Verkehrsministerium wäre „implizite Schuldentilgung“ angebracht. Gögel empfahl, Geld für eigene Werbung zu sparen und keine Ladesäulen für Energieerzeuger zu zahlen. Die Förderung der Technologie sei keine Landesaufgabe, der Minister und die Regierungsfraktionen setzten „falsche Prioritäten“.

Hermann Katzenstein (Grüne) lobte dagegen den Einzelplan in höchsten Tönen. Der Transformationsprozess der Autoindustrie sei ein Schwerpunkt in der Verkehrspolitik. Außerdem sei das Ziel, die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2020 zu verdoppeln; auf dem Weg dahin werde im kommenden Jahr das BW-Ticket eingeführt. In den Landkreisen soll es schnelle, komfortable Busverbindungen geben. Auch Bürgerbusse sollen gefördert werden. Der Straßenverkehr werde mit 48,5 Millionen Euro für Aus- und Neubau von Landesstraßen gefördert. Bei der E-Mobilität verhalte sich Baden-Württemberg technikneutral. Katzenstein sagte, Ziel sei es, den Südwesten zum Musterland für nachhaltige Mobilität zu machen, wobei Luftreinhaltung höchste Priorität genieße.

150 neue Stellen für Straßenplaner

Eine fortschrittliche Verkehrspolitik müsse Mobilität fördern statt sie zu beschränken, sagte Thomas Dörflinger (CDU). Jeder Verkehrsträger, Straße, Schiene, Luftverkehr, Radverkehr und Schifffahrt, habe seinen Platz. Im Straßenbau sei der CDU wichtig, dass alle Projekte im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans 2030 umgesetzt werden. Das Land müsse dafür sorgen, dass baureife Planungen dafür vorliegen. Leider seien in der Vergangenheit nicht alle Mittel vom Bund wegen fehlender Planungen nicht abgerufen worden, sagte Dörflinger in Richtung Hermann. Nun würden 150 neue Stellen für Straßenplaner geschaffen, so dass die Straßenbauverwaltung „sehr gut gerüstet“ sei. Positiv seien auch die im Doppelhaushalt eingeplanten 310 Millionen Euro für die Sanierung von Landesstraßen.

Beim Schienenverkehr kritisierte Dörflinger die Deutsche Bahn. Was die Bahn an Qualität abliefere, sei keine gute Werbung für den Nahverkehr. Verspätungen und Ausfällen seien inakzeptabel. Auch Hermann fordert, die Bahn müsse besser werden. „Man muss sich schämen für die Deutsche Bahn.“ Wo andere fahren, klappe es.

In Sachen Luftreinhaltung seien Fahrverbote keine Lösung, sagte Dörflinger. Im Interesse der Menschen werde das Land dafür sorgen, dass die Luft wieder sauberer wird – auch mit dem „Landesfonds Luftreinhaltung“. Trotz der Herausforderungen in Stuttgart werde es mit der CDU keine Lex Landeshauptstadt geben. Alle Kommunen, die Probleme mit Grenzwerten haben, müssten von Fördermaßnahmen profitieren. Dörflinger ist überzeugt, dass zur Luftreinhaltung die Landesinitiative Elektromobilität III beitragen wird. Ziel müsse sein, dass die besten und umweltfreundlichsten Autos der Welt aus Baden-Württemberg kommen. „Wir setzen hier bewusst auf die Innovationskraft der Automobilhersteller und nicht auf Verbote für den Verbrennungsmotor.“


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