Stuttgart. Aus der Bildungsplattform Ella wird in dieser Legislaturperiode voraussichtlich nichts mehr werden. Das digitale Prestigeprojekt sollte 4000 Schulen und 1,5 Millionen Lehrkräften und Schüler im Land zur Verfügung gestellt werden. Im Februar konnte nicht einmal der Probebetrieben an 100 davon anlaufen. Jetzt hat Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) die Reißleine gezogen: Die Landesregierung trennt sich von dem Dienstleister Iteos und damit von den bisherigen kommunalen Partnern.
Die Oppositionsfraktionen im zuständigen Fachausschuss des Landtags informiert Eisenmann darüber erst, nach einer mehr als dreistündigen Diskussion, vor der nur die Abgeordneten der Regierungsfraktionen und die Iteos-Verantwortlichen selber eingeweiht waren. Jetzt ist der Ärger groß. Der FDP-Bildungsexperte Timm Kern spricht von einem „Scherbenhaufen“ und wirft Eisenmann nicht nur das „Theater“ während der Sitzung vor, sondern auch mangelnde Projektsteuerung. Seine Fraktion werde wegen eines möglichen parlamentarischen Untersuchungsausschusses auf die SPD zugehen. Deren Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei will die Fakten neu bewerten und spricht von einer „Bankrotterklärung“ der grün-schwarzen Landesregierung. Sie habe ihr einziges digitales Leuchtturmprojekt versenkt.
Die beste Bildungscloud der Republik hatte Innenminister Thomas Strobl (CDU) noch in der Landtagsdebatte im Juni versprochen und an alle Beteiligten appelliert, die Ärmel aufzukrempeln, um sämtliche Fehler zu beheben. In den Wochen seither geschah allerdings wenig bis nichts. „Das ist die Situation Henne und Ei“, räumte Iteos-Vorstandschef William Schmitt irgendwann während der Beratungen im Bildungsausschuss ein.
Was weder die Oppositionsabgeordneten noch die Öffentlichkeit zu diesem Zeitpunkt wissen: Die Regierungsfraktionen, also auch die Ausschussvorsitzende Brigitte Lösch (Grüne) und die Iteos-Verantwortlichen, allen voran der Landrat des Rhein-Neckar-Kreises, Stefan Dallinger, diskutieren nur pro forma, denn sie sind von Eisenmanns Entscheidung vorab unterrichtet worden.
In der Sache kündigte die Ministerin nicht nur Iteos, der von den Kommunen und dem Land getragenen Anstalt öffentlichen Rechts, die Zusammenarbeit auf, sondern sie findet zugleich klare Worte an die Adresse der ihrem Parteifreund Thomas Strobl unterstellten BITBW, des zentralen IT-Dienstleisters des Landes. „Wir sind mit der Steuerung nicht zufrieden“, so Eisenmann, die auch Wert auf die Feststellung legt, ihr Vorgehen sei mit Strobl aber „voll und ganz“ abgesprochen. BITBW und damit indirekt allerdings auch dessen Haus, das die Dienstaufsicht führt, sind jetzt beauftragt, Vorschläge für das weitere Vorgehen auszuarbeiten.
Wenn das Kultusministerium auch damit nicht zufrieden sein sollte, soll das ganze Projekt ins Hausgeholt werden. Dann muss es einem kompletten Neustart geben, um den heimischen Schulen die ursprünglich verheißene bundesweit einmalige digitale Vernetzung irgendwann doch noch zu ermöglichen. Eisenmann selber schließt eine Verschiebung in die nächste Legislaturperiode jedenfalls nicht mehr aus.