Europadebatte: CDU schießt ein Eigentor

24.10.2012 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Foto: Landtag von Baden-Württemberg

Stuttgart. In der Europa-Debatte des Landtags hat die CDU-Fraktion am Mittwoch ein klassisches Eigentor geschossen. Ihr kurzfristig am Morgen eingebrachter Antrag, die grün-rote Landesregierung solle sich hinsichtlich eines möglichen Beitritts der Türkei zur Europäischen Union "bundestreu verhalten" und allein der Bundesregierung die "Pflege der auswärtigen Beziehungen" zu überlassen, wurde zur Steilvorlage für die Regierung.

Die Bundestreue Baden-Württembergs zeichne sich dadurch aus, dass der Südwesten die Haltung der Bundesrepublik unterstütze, nicht aber die politische Meinung der Kanzlerin, erklärte Europaminister Peter Friedrich (SPD). Die Beitrittsperspektive der Türkei sei offizielle Beschlusslage der Bundesrepublik, erwiderte Friedrich. 

Außerdem wies der Minister auch die Vorwürfe von Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) zurück, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe sich im Rahmen seiner kürzlichen Delegationsreise in die Türkei zu einer EU-Mitgliedschaft des Landes bekannt, damit die Bundesregierung "außenpolitisch brüskiert und als Bundesratspräsident "das Demokratieprinzip ignoriert"; er konfrontierte die CDU mit Aussagen von Günther Oettinger, der bereits als Ministerpräsident ("wir brauchen die Türkei als Wirtschafts- und Regionalmacht") vehement für die Aufnahme der Türkei eintrat. Als Friedrich den heutigen EU-Kommissar zitierte ("In 15 Jahren werden wir auf den Knien nach Ankara robben und bei der Türkei betteln, dass sie EU-Mitglied werden soll"), brachen die Abgeordneten von Grünen und SPD in frenetischen Jubel aus. 

Joshi Frey (Grüne) wertete den CDU-Antrag als Versuch der Opposition, "mit Polemik" den Ministerpräsidenten anzugehen und ihm einen Maulkorb verpassen zu wollen. "Diese Debatte ist fehl am Platz", sagte der Abgeordnete und brüskiere die 430 000 in Baden-Württemberg lebenden Türken. Auch Rita Haller-Haid (SPD) kritisierte die "unsinnigen Anträge" und wies statt dessen auf den positiven Bericht der Regierung über aktuelle europapolitische Themen hin. Sie lobte die Übernahme der Ratspräsidentschaft des Südwesten in der Gruppe "4 Motoren für Europa" und begrüßte die geplante Erweiterung um die Region Lodz in Polen.  

Friedrich ging auf die wesentlichen Punkte der Landesregierung bei Europa-Themen im zweiten Quartal ein. Mit der Wahrung der Haushaltsautonomie der Länder seien die Rechte der Länder beim Fiskalpakt gestärkt worden. Zur Donauraum-Strategie gehöre, dass Baden-Württemberg "Kroatien auf dem Weg nach Europa begleiten will".


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