STUTTGART. Die grün-schwarze Landesregierung prüft die Einführung von Karenzzeiten für Minister und Staatssekretäre zwischen dem Ausscheiden aus dem Amt und der Aufnahme einer neuen Tätigkeit außerhalb der Politik.
Theresia Schopper, die Ministerin im Staatsministerium, warnte bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs allerdings vor einem falschen Zungenschlag: Wer den Wechsel zwischen den Welten wolle, dürfe ihn nicht diskreditieren.
Mehr aus dem Landtag vom 22. Juli 2020
Der Mannheimer SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch bezeichnete den von der FDP mitgetragenen Vorstoß seiner Fraktion als „angelehnt an das entsprechende Karenzzeitgesetz des Bundes, welches von der Großen Koalition aus CDU und SPD bereits im Jahr 2015 initiiert und beschlossen wurde“. Die Karenz könne verhindern, „dass durch den Anschein einer voreingenommenen Amtsführung im Hinblick auf mögliche, spätere Karriereaussichten oder durch die private Verwertung von Amtswissen nach Beendigung des Amtsverhältnisses das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Landesregierung beeinträchtigt wird“. Vorgeschlagen sei ein transparentes Verfahren, das zum einen eine Anzeigepflicht während und nach dem Amtsverhältnis vorsehe als auch eine Untersagungsmöglichkeit der Beschäftigung nach Beendigung des Amtsverhältnisses. Eine Untersagung solle dabei die Dauer von einem Jahr in der Regel nicht überschreiten, in Ausnahmefällen könne die Untersagung bis zu 18 Monaten betragen.
Timm Kern (FDP) bezeichnete die vorgelegte Regelung als sachgerecht, gerade auch mit Blick auf die 18 Monate: „Unseres Erachtens ist sie genau richtig, denn damit wird eine hinreichende Distanz zwischen Amt und neuer Tätigkeit hergestellt.“ Die so gut wie identische Regelung für den Bund hätten Grüne und CDU in Berlin einhellig mitgetragen, und „nun sollten Grüne und CDU wenigstens die Größe haben, dem jetzt vorliegenden Vorschlag zuzustimmen“.
Für die CDU machte Arnulf von Eyb klar, warum es dazu nicht kommen wird. Seine Fraktion hege Bedenken, und er selbst zweifle, dass der Gesetzentwurf endgültig durchdacht sei. „Wenn man bösartig wäre, könnte man denken, es gehe der SPD darum, den Ausverkauf des eigenen Spitzenpersonals zu verhindern“, sagte von Eyb und führte als Beispiele Gerhard Schröder sowie Sigmar Gabriel an. Wer den Wechsel aus der Politik ablehne, der erhalte ein Parlament von Berufspolitikern.
Dieser Ansicht widersprach Thomas Hentschel (Grüne) und stimmte dem SPD-Vorstoß „im Grundsatz der Intention“ zu. Es sei gut und richtig, schon jeden Anschein eines möglichen Interessenkonflikts bei Übergang aus dem Regierungsamt in die Privatwirtschaft zu vermeiden. Und dabei dürfe Baden-Württemberg "nicht Schlusslicht" sein. Allerdings mahnte der Rastatter Abgeordnete eine Prüfung an, „ob auch beamten- und versorgungsrechtliche Regelungen gegebenenfalls auf die Spezifika eines Wechsels in die Wirtschaft angepasst werden müssen“.
Die SPD habe offenbar haben nicht geprüft, „ob auch andere Transparenz- und Rechenschaftsregeln für Abgeordnete oder Mitglieder der Landesregierung in Betracht kommen“. Hentschel kündigte an, dass „sich die Landesregierung und die Regierungsfraktionen diesen Fragestellungen annehmen und werden einen entsprechenden Entwurf vorbereiten, der Maß und Mitte wahrt“.
Rüdiger Klos (AfD) nutzte die Gelegenheit, um an „sämtliche Skandale der Altparteien seit Bestehen der Bundesrepublik“ zu erinnern, „denn hätten wir zehn Jahre Zeit, würden die nicht reichen, um alle aufzuzählen“. Der Gesetzentwurf sei im besten Falle eine Einladung zur Selbstbedienung. „Ich bin froh, dass mir der liebe Gott zwei Ohren gegeben hat“, kommentierte Schopper die Rede Klos‘, „bei einem rein, beim anderen raus.“