Baden-Württemberg steht zu Europa

30.11.2016 
Redaktion
 

Stuttgart. Baden-Württemberg liegt im Herzen Europas und hat ein „elementares Interesse“ an einem konstruktiven und friedlichen Europa. Das sagte Europaminister Guido Wolf (CDU) am Mittwoch in der Debatte über aktuelle europäische Themen. Wie die Abgeordneten der fünf Fraktionen befasste sich auch der Minister mit den Themen Brexit, Türkei und Flüchtlinge. Für Wolf ist der Brexit das „Dokument einer Vertrauenskrise“. Der Schock darüber habe sich zwar etwas gelegt, er bedauere jedoch den Austritts Großbritanniens aus der EU, denn diese verliere dadurch an Stärke. Bei den Austrittsverhandlungen dürfe es keine bilateralen Alleingänge geben: „Europa muss mit einer Sprache sprechen.“

Der CDU-Politiker erwartet durch den Brexit „beträchtliche Auswirkungen“ auf Baden-Württemberg. Viele Bereich seien davon betroffen, deshalb müssten die Länder den Brexit „aufmerksam begleiten“. Auf Wunsch Baden-Württembergs werde deshalb das Thema am 1. Dezember in der Europaminister-Konferenz in Berlin behandelt. Die Länder legten großen Wert darauf, in die Austrittsverhandlungen zwischen der EU und Großbritannien eingebunden zu werden: „Auf die Länder kommt es an.“ Wolf sagte, auch hinsichtlich des Freihandelsabkommens CETA mit Kanada müssten die Recht der Regionen gewahrt werden. „Europa muss ein Europa der Regionen und damit der Menschen sein.“

In Bezug auf die Türkei konstatierte Wolf, die vorübergehende Aussetzung der Beitrittsverhandlungen verschärfe zwar die angespannten Beziehungen, man dürfe sich jedoch von der Türkei nicht erpressbar machen lassen. Von der Türkei könnten „demokratische Standards erwartet“ werden. Keine Entwarnung sieht der Europaminister in der Flüchtlingsfrage. Die EU-Türkei-Vereinbarung habe Europa Zeit und Luft verschafft. Europäische Solidarität heiße aber, dass „alle sich den Herausforderungen stellen“. Nachdem jüngste Umfragen und Wahlergebnisse die Europa-Skeptiker auf dem Vormarsch sehen, plädierte Wolf dafür, noch mehr das Gefühl der Menschen am „Friedensprojekt Europa“ zu wecken.

Zu Beginn der Debatte hatte Josef Frey (Grüne) erklärt, die politischen Entwicklungen außerhalb Europas hätten Auswirkungen auf die EU und auch auf Baden-Württemberg. Trotz der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten gelte es, die gute Zusammenarbeit mit den USA fortzusetzen. Gleichzeitig forderte Frey, sich populistischen Strömungen entgegenzusetzen. Dazu gehöre auch Offenheit gegen Menschen, die nach Deutschland kommen. Weitere Abspaltungen in Europa müssten verhindert werden. Frey forderte eine Rückbesinnung auf europäische Werte wie Demokratie und Freiheit. Auch wenn der Türkei-Beitritt „in weiter Ferne“ sei, müsse es Solidarität mit der türkischen Zivilgesellschaft geben. Frey wie darauf hin, dass die Waffenexporte aus Deutschland Mitverursacher von Problemen seien.

Auch Joachim Kößler (CDU) forderte, die Grundwerte „stärker zu betonen“. 2016 bewertete er als „schlimmes Jahr“ für Europa, insbesondere was den Terror betrifft. Die gute Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden sei die europäische Antwort auf die Terrorgefahr. Außerdem hätten die Flüchtlingsbewegungen für eine „ganz schwierige Lage“ gesorgt, die man jedoch in den Griff bekommen habe. Nun gelte es, die Aufnahme in geordneten Bahnen weiterzuführen. Neben einem guten Grenzschutz müsse das Schengen-System neu organisiert werden. Kößler sprach sich für kontrollierte Grenzen aus. Den Brexit bezeichnete er als „historische Entscheidung“ gegen Europa. Bei den Austrittsverhandlungen verlangt er eine klare Linie: „Wer austritt, kann keinen Kuchen mehr bestellen.“ Verlierer des Brexits sei die Bevölkerung in Großbritannien. Er forderte von England, endlich einen Zeitplan vorzulegen.

„Einschneidend“ ist auch für Patrick Berg (AfD) der Brexit, der erste Austritt eines Landes aus der EU. Kritik an Abtrünnigen seien jedoch „nicht klug“. Er forderte einen „fairen Trennungsprozess“. Dabei solle Baden-Württemberg seine Möglichkeiten nutzen und den Brexit sachlich erörtern. Zur EU-Flüchtlingspolitik forderte Berg einen konsequenten Grenz- und Küstenschutz. Das Schließen der Balkan-Route bezeichnete er als „Zeichen von Courage“. Außerdem dürften Emigranten aus Libyen nicht in Europa aufgenommen werden. Wichtig und richtig sei für seine Fraktion der Ausschuss der Regionen.

Aus Sicht von Peter Hofelich (SPD) garantieren Weltoffenheit und Welthandel den Wohlstand hierzulande. Die US-Wahl fordere jedoch Europa. Im Mittelpunkt aller Verhandlungen müsste der europäische Mehrwert stehen. Zum Brexit sagte Hofelich: „Wer draußen ist, ist draußen, das muss klar sein.“ Mit der Türkei sei „weiter Dialog notwendig“. Und in der Flüchtlingsfrage plädierte der SPD-Abgeordnete dafür, die Debatte über die Fluchtursachen weiterzuführen.

Für Erik Schweickert (FDP) darf es in Europa „keine Rosinenpickerei“ in Sachen Brexit geben. Er positionierte sich klar für das Einfrieren der Verhandlungen mit der Türkei. Auch der Liberale forderte Solidarität in der Flüchtlingsfrage. Wer seinen Aufnahme-Verpflichtungen nicht nachkomme, müsse Ausgleichsmaßnahmen übernehmen. „Europa darf nicht den Populisten überlassen werden“, sagte Schweikert.


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