Stuttgart. Die Nitratbelastung des Grundwassers in Baden-Württemberg ist zwar gering, aber lange noch nicht ideal. „Nitrat bleibt eine Herausforderung. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel“, sagte Umwelt-Staatssekretär André Baumann (Grüne) am Mittwoch im Landtag. Die Situation im Südwesten sei deutlich besser als im übrigen Bundesgebiet. Nach Ministeriumsangaben wird landesweit an 160 Fließgewässern regelmäßig Nitratstickstoff gemessen. Zuletzt sei die Umweltqualitätsnorm (UQN) für Nitrat, die nach der Oberflächengewässerverordnung 50 Milligramm pro Liter beträgt, an einer Messstelle im Jahr 2000 überschritten worden.
Der Antrag der Grünen zum Nitratbericht 2016, der vom Umweltministerium im April 2017 beantwortet wurde, war kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt worden. Wie die SPD-Abgeordnete Gaby Rolland vermutete, aufgrund des im Juni ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofes, der Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte verurteilte. Dabei ging es allerdings um das alte, noch nicht verschärfte Düngerecht. 2017 wurde das Düngerecht verschärft, doch Umweltschützer halten es immer noch zu lasch. Deshalb reichte am Dienstag die Deutsche Umwelthilfe vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin Klage wegen Nichteinhaltung der Grenzwerte gegen die Bundesrepublik ein.
Auch Bernd Murschel (Grüne) ist davon überzeugt, dass die neue Dünge-VO das Nitratproblem „nicht lösen kann“. Nitratbelastungen des Grundwassers seien programmiert, nicht zuletzt durch landwirtschaftliche Düngung mit Gülle aus Massentierhaltung. Gerade im Kraichgau, im Neckarraum und in Oberschwaben seien die Belastungen hoch, Trinkwasser werde dadurch schwieriger und teurer. „Wir müssen herunterkommen von hohen Stickstoffen“, forderte Murschel.
Auf die seit 25 Jahren sinkenden Werte wies dagegen Karl Rombach (CDU) hin. Er plädiere für „Sachorientierung und Nüchternheit“. In Baden-Württemberg verlaufe die Entwicklung positiv, auch durch die neue Dünge-VO. Der Gewässerschutz sei kontinuierlich verbessert worden, um 22 Prozent seit 1994. Rombach plädierte dafür, Umwelt- und Gewässerschutz mit den Landwirten zu gestalten und nicht gegen sie.
Als Ursache für die Nitratbelastung sieht auch Klaus-Günther Voigtmann (AfD) die Massentierhaltung. Zu große Mengen Gülle werde auf den Feldern ausgebracht – und dies seit 100 Jahren. Baden-Württemberg stehe bei der Belastung zwar besser da als andere Länder, in den Böden seien aber noch reichlich Substanzen enthalten, die nach und nach versickern. „Lassen Sie sich den Appetit nicht verderben“, sagte Voigtmann und begründete dies: Nitrat als solches sei nicht schädlich, sogar in Gemüse reichlich vorhanden und helfe sogar bei Demenz-Erkrankungen.
Dagegen mahnte Gaby Rolland (SPD), die Wasserversorger im Land würden sich sorgen, weil die Nitratwerte nicht zurückgingen, sondern stabil im Wasser seien. „Die Bürger wollen sauberes Wasser haben und das Lebensmittel Nummer 1 aus dem Hahn trinken“, sagte sie. Die Belastung mit Nitrat in Deutschland sei einfach zu hoch.
Die Lage sei nicht schlecht, aber sie kann besser werden, konstatierte Gabriele Reich-Gutjahr (FDP). Die Nitratbelastung spiele sich mehr in anderen Bundesländern ab, weshalb es keine Veranlassung gebe, ein Problem daraus zu machen. Dennoch könnte auch im Südwesten die Lage verbessert werden, gerade auch in der Kurpfalz, im Main-Tauber-Kreis und im Markgräflerland.
Staatssekretär Baumann indessen ist gespannt, ob die neue Dünge-VO vor Gericht bestehen wird. Baden-Württemberg habe 2017 „nur zähneknirschend“ zugestimmt, weil sich die Landesregierung mehr Verbesserungen gewünscht hätte. Auch das Bundesumweltministerium hatte sich für strengere Regeln eingesetzt. Die Wasserwirtschaft forderte ebenfalls ein schärferes Düngerecht.