Grün-Schwarz beschließt Qualitätskonzept für öffentliche Schulen

13.02.2019 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. Trotz massiver Kritik der Opposition am Zeitablauf, am Inhalt und fehlender Transparenz hat die grün-schwarze Landtagsmehrheit das „Gesetz zur Umsetzung des Qualitätskonzepts für die öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg“ abgesegnet. Es sieht eine neue Form des Bildungsmonitoring, der Beratung und Weiterbildung vor sowie die Einrichtung zweier neuer Institute, die – anders als das Landesinstitut für Schulentwicklung bisher – wieder direkt dem Kultusministerium zugeordnet sind. Sogar Respekt und Wertschätzung gegenüber dem Parlament ließen zu wünschen übrig, kritisierte Stefan Fulst-Blei (SPD) Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) - denn wie sonst hätte sie „hochdotierte Stellen besetzen und sich selbst dafür applaudieren können, als der Landtag der Einrichtung der Institute noch nicht einmal zugestimmt hatte“.

Für die Grünen sprach die Bildungsexpertin Sandra Boser von einem „richtigen Schritt in die richtige Richtung“, für die CDU Karl-Friedrich Röhm sogar von einem „bildungspolitischen Meilenstein“. Vor allem stellte der frühere Rektor am Gymnasium in Münsingen heraus, wie „zeitnah und sachorientiert“ gehandelt worden sei in nur zwei Jahren.  Boser bewertet die Reformen deutlich zurückhaltender und verlangte funktionierende Beteiligung als „wichtigen Gelingensfaktor“. Die Akzeptanz für diese Verfahren könne nur wachsen, wenn alle Beteiligten eingebunden sind.

SPD und FDP kritisieren den Gesetzentwurf

Die beiden Institute haben ihre Arbeit entgegen dem ursprünglichen Zeitplan noch nicht aufgenommen. Schon im April 2018 hatte die Landesregierung die Eckpunkte zur Umsetzung des Qualitätskonzepts beschlossen und damit die Gründung einer neuen Landesoberbehörde „Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung“ sowie einer nicht rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts namens „Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg“. Mit der Umsetzung sollen, wie es im Gesetz heißt, „die Leistungsfähigkeit und die Qualität des baden-württembergischen Bildungssystems verbessert werden, indem die Voraussetzungen geschaffen werden für ein an der Wissenschaft orientiertes, übersichtliches und auf Unterrichtsqualität ausgerichtetes Ausbildungs-, Fortbildungs- und Unterstützungssystem sowie ein Gesamtsystem des Bildungsmonitorings, das einer datengestützten Qualitätsentwicklung auf allen Ebenen des Bildungssystems dient“.

„Das Qualitätskonzept ist zentralistisch organisiert. Durch die geplanten Regionalstellen des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung entsteht offensichtlich eine parallele Struktur zu den Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung. Werden die Seminare geschwächt, könnte dies zu Lasten eines wichtigen Transmissionsriemens für den Lehrernachwuchs in Gebiete jenseits der Ballungszentren und Universitätsstädte gehen. “
Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionsvorsitzender

Letzteres bezweifeln SPD und FDP. „Sie verabschieden heute eine Reform, die am 1.1.2019 bereits umgesetzt sein sollte“, so Fulst-Blei, „aber die bittere Wahrheit ist: Ihre Experten sagen öffentlich, dass es gut zehn Jahre dauern kann, bis die Ergebnisse in den Schulen, im Unterricht nachhaltig wirksam werden.“ Und er zitiert aus der Stellungnahme der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW): „Die Widersprüchlichkeiten, Inkonsistenzen und Unklarheiten des Gesetzentwurfs legen insgesamt den Schluss nahe, dass der Versuch, ein Qualitätskonzept für die Schulen auf den Weg zu bringen, zumindest in der vorgelegten Fassung als gescheitert betrachtet werden muss.“

Rülke: Qualitätskonzept ist „zentralistisch organisiert“

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke beklagte als Mangel des Konzepts den Bruch mit der bisherigen Arbeit. Es bleibe ein Rätsel, warum bestehende Strukturen gekippt wurden. Über wichtige Einrichtungen werde hinweggegangen „mit einem Rasenmäher". Außerdem seien die Neuerungen „zentralistisch organisiert“.

Rainer Balzer (AfD) erinnerte an die Bildungsplandebatte der vergangenen Legislaturperiode. Zu viele Lehrbücher entbehrten jeder naturwissenschaftlichen Grundlage, eine „linke Regierung" habe ihren „grünen Glauben den Schülern gesetzlich vorgeschrieben“. Lobbygruppen mit Partikularinteressen hätten an den Bildungsplänen mitgeschrieben.

Eisenmann forderte die Opposition zur konstruktiven Mitarbeit auf. Es könne doch nicht sein, dass man „dem verhaftet bleibt, was man immer schon so gemacht hat“. Niemand habe vorhergesehen, dass die Qualität an den Schulen im Land „so nach unten geht“. Indirekt räumte die CDU-Politikerin eine Mitverantwortung früherer CDU/FDP-Regierungen für diese Entwicklung ein mit der Einschätzung, dass jetzt ein „großer wichtiger Prozess“ angestoßen werde, der „uns endlich so aufstellt wie andere Bundesländern längst aufgestellt sind“.  


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