Stuttgart. Eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) muss kommen. Darin sind sich alle Landtagsfraktionen und Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ein. Hintergrund der Debatte am Mittwoch im Landtag von Stuttgart waren die steigende EEG-Umlage sowie die dadurch drohenden höheren Strompreise für Verbraucher. Außerdem ging es um die anstehende Neujustierung der Energiepolitik auf Bundesebene.
Für eine grundlegende Reform des EEG und ein neues Energiemarkt-Design in Deutschland sprachen sich Umweltminister Untersteller sowie für die Grünen-Fraktion der Abgeordnete Daniel Rankünen aus. Als Bausteine nannten sie unter anderem Stromsteuersenkung, Neuregelung der Bedingungen für Eigenstromerzeuger und -verbraucher sowie Regionalisierung der Förderregelungen. Sie schlagen für die Zukunft ein komplexes Finanzierungsmodell des Erneuerbare-Energien-Markts vor, das nach Technologien, Investorenkreisen und Regionen differenziert. „Der Wahlkampf ist vorbei, jetzt haben alle die Verantwortung, zwei Dinge anzugehen“, sagte Untersteller, „nämlich das EEG oder ein anderes Finanzierungsinstrument neu zu denken und sich Gedanken zu machen über ein neues Strommarktdesign, um mittelfristig Versorgungssicherheit herzustellen.“
Untersteller verwies zudem darauf, dass mehrere gerade erst vorgelegte Gutachten interessante Vorschläge und Anregungen enthielten, die es zu prüfen gelte. Darunter sei das von der Baden-Württemberg-Stiftung in Auftrag gegebene Gutachten „Stromsystem-Design: Das EEG 2.0 und Eckpfeiler eines zukünftigen Regenerativwirtschaftsgesetzes“ „Das EEG hat als Geburtshelfer für Erneuerbare Energien sehr gut funktioniert. Dass sie jetzt den Kinderschuhen entwachsen sind, heißt aber nicht, dass sie nicht mehr gefördert werden brauchen“, sagte Untersteller. „Wir brauchen mehrere Finanzierungsmechanismen entlang der verschiedenen Technologien.“
Renkonen warnte davor, ausschließlich dem EEG und dem Ausbau der erneuerbaren Energien die Schuld an der steigenden Ökosteuer zu geben. „Das EEG ist ein Kostentreiber, aber nicht der alleinige“, sagte der Grünen-Politiker. Vielmehr hätten die zahlreichen Ausnahmeregelungen für Unternehmen maßgeblich zu einem Anstieg der Ökosteuer-Umlage geführt. „Deutsche Unternehmen leiden keineswegs international unter der Ökosteuerabgabe.“ Statt anfangs noch 750 seien heute bereits 1700 Unternehmen von der Abgabe befreit, kritisierte Renkonen. Er forderte Unternehmen dazu auf, ihre Befreiungen und den niedrigen Börsenstrompreis an die Endverbraucher weiterzugeben.
Der SPD-Abgeordnete Johannes Stober fordert ebenfalls eine Überarbeitung des EEG im Bund sowie eine Abstimmung der Energiegesetze der Länder untereinander. „Wir müssen die verschiedenen Gesetze zusammenführen zu einem einheitlichen, für die Menschen verständlichen Regularien, und das auch in Berlin einbringen“, so Stober, der als lohnendes Beispiel die Gesetze zur Wärmedämmung bei Gebäuden und Gebäudesanierungen nannte.
„Es ist eine große Chance für Energiewende, dass die FDP nicht mehr im Bund vertreten ist, “ sagte Stober, „die müssen wir gemeinsam nutzen.“ Stober kritisierte vor allem die verfahrene Situation beim Emissionshandel. „Wir haben die absurde Situation, dass wir erneuerbare Energien ausbauen und dennoch mehr CO2-Ausstoß in Deutschland haben, weil sich Braunkohlekraftwerke besser rechnen als Gaskraftwerke“, so Stober.
Auch der CDU-Abgeordnete Paul Nemeth nannte die Energiewende eine nationale Herausforderung, über die unter den Parteien Übereinkunft bestehe. Als größtes Problem bezifferte er die durch die steigende EEG-Umlage steigenden Verbraucherpreise für Strom. „Wenn die Energiewende gelingen soll, brauchen wir Akzeptanz der Bevölkerung – und die haben wir nicht bei steigenden Preisen“, so Nemeth. Eine Synchronisierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien mit dem Ausbau von Netzen und Speichern nannte Nemeth als wichtigsten Punkt. „Wir brauchen ein verlässliches Gesamtsystem, Verlässlichkeit für fossile Kraftwerke und eine Erneuerung bei den Regelungen zur Gebäudesanierung.“
An der grün-roten Energiepolitik kritisierte Nemeth, dass sie nicht mit den anderen Bundesländern abgestimmt sei. „Wir brauchen keine 16 Energiegesetze“, so Nemeth. „Die Energiewende ist schon zu einem Windhundrennen um Fördertöpfe von 23,5 Milliarden Euro im Jahr geworden, aber sie ist kein Windhundrennen, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Der CDU-Abgeordnete empfahl Untersteller zudem, keine Ratschläge nach Berlin zu senden, sondern Baden-Württemberg in der Energiewende voranzubringen.
Für die FDP stellte Andreas Glück die Frage, ob die Zeit des EEG nicht abgelaufen sei. „Das EEG zielte auf den Ausbau der Kapazitäten – zielt das nicht daran vorbei, was wir wirklich brauchen?“ fragte Glück. Dass sich mittlerweile Kohlekraftwerke besser rechneten als Gaskraftwerke, so Glück in Richtung SPD, sei eine Folge des massiven Markteingriffs durch die Politik, den das EEG mit sich gebracht habe. Die Förderung habe auch dazu geführt, dass der Strompreis seit 1990 dramatisch gestiegen sei. „Die EEG-Umlage ist heute fast doppelt so hoch als sie einst - mit 3,5 Cent pro Kilowattstunde - festgelegt worden sei, die Kosten zahle aber der Verbraucher. „Wie konnten Sie diese Umverteilung der Kosten nach unten zulassen?“, fragte Glück in Richtung SPD.