Stuttgart. Die Wahl des Abgeordneten Wilfried Klenk (CDU) zum neuen Landtagspräsidenten war umstritten. Das lag nicht in seiner Person begründet. Vielmehr gab es im Vorfeld Kritik, dass die CDU-Fraktion, die das Vorschlagsrecht für das Amt hatte, sich erneut für einen Mann ausgesprochen hat. Von Seiten von SPD und Grünen war diese Entscheidung im Vorfeld kritisiert worden. Es sei Zeit für eine Frau gewesen. Doch die Abgeordnete Friedlinde Gurr-Hirsch unterlag bei der Abstimmung in der CDU.
Der Unmut darüber war auch bei der Wahl von Klenk am Mittwoch im Landtag noch zu spüren. Klenk, der 90 der 127 Stimmen erhielt, war damit zwar eindeutig gewählt. Doch immerhin 21 Abgeordnete hatten auf ihren Stimmzettel den Namen von Friedlinde Gurr-Hirsch geschrieben. Auch vor dem Landtag protestierten Frauen gegen die Entscheidung der CDU-Fraktion, erneut einen Mann als Nachfolger für Guido Wolf, der vergangene Woche zum CDU-Fraktionschef gewählt wurde, zu nominieren. Immerhin hatte die Landespartei auch das Projekt "Frauen im Fokus" initiiert, um Frauen in der CDU zu fördern und mehr Frauen für die Partei zu begeistern.
Die Grünen-Landesvorsitzende Thekla Walker zeigt Verständnis für den Zorn von Frauenverbände, die an diesem Mittwoch vor dem Landtag gegen die Wahl eines Mannes zum Landtagspräsidenten protestiert haben - und für die Gegenstimmen, die der männliche Kandidat bekommen hat. „Ohne mit der Wimper zu zucken hat die baden-württembergische CDU einer erfahrenen CDU-Politikerin diesen attraktiven Posten verweigert und stattdessen einen Mann aus der zweiten Reihe nach vorn gehievt. Die baden-württembergische CDU ist und bleibt ein Männerbund, bei dem sich Männerseilschaften durchsetzen, sobald es um Macht und gut dotierte Posten geht.“
Klenk sprach den Konflikt in seiner Antrittsrede dann auch direkt an: Die Entscheidung seiner Fraktion habe teils sehr kritische Reaktionen hervorgerufen. "So ist Demokratie - das gehört dazu", so Klenk. Wesentlich sei für ihn jedoch gewesen, dass die Kritik nicht ins Persönliche ging: "Meine Person wurde von niemand in Frage gestellt. Das habe ich als wohltuend empfunden."
Klenk hat nicht zum ersten Mal für dieses Amt kandidiert. Bereits 2011, als Willi Stächele (CDU) Landtagspräsident wurde, hatte er sich im Vorfeld in der CDU-Fraktion ebenfalls beworben. Stächele trat im Zusammenhang mit der Entscheidung des Staatsgerichtshofs zum am Parlament vorbei eingefädelten Rückkauf der EnBW-Aktien zurück. Denn er war als Finanzminister mit dafür verantwortlich gewesen. Sein Nachfolger wurde Guido Wolf, der nun zum Spitzenkandidat der CDU-Fraktion für die nächste Landtagswahl gekührt wurde und den Posten des Fraktionschefs übernommen hat.
Nun ist Klenk bereits der dritte Landtagspräsident in dieser Legislaturperiode. "Dieses Amt braucht jetzt Kontinuität, damit seine Bedeutung nicht erodiert", so Klenk. Und er gibt auch gleich eine Richtung für die Debatten im Parlament vor: "Nicht die Schärfe, die Lautstärke oder Polemik unserer Debatten überzeugen die Menschen, sondern der Gehalt unserer Worte und die Wahrhaftigkeit unserer Überzeugungen in der Sache." Und er erinnerte daran, dass Abgeordnete sich immer wieder aufs Neue bewußt machen müssten, dass sie ihre Mandate von den Bürgern bekommen hätten. Das bedeute auch, dass man auf die Menschen eingehen müsse. "Sie wollen unsere Entscheidungen verstehen. Durch mehr Transparenz können wir mehr Vertrauen und Sympathie gewinnen", so Klenk.
Er rief dazu auf, gemeinsam zusätzliche Wege zu finden, die Arbeit des Parlament gegenüber der Öffentlichkeit zur Geltung zu bringen. "Eine Voraussetzung dafür ist, zu bedenken: Die Zeiten ändern sich. Doch anständige Umgangsformen sind immer noch modern. Ich appelliere an uns alle: Achten und beachten wir einander", sagte der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Backnang.