Schlagabtausch im Landtag über Förderung von Kunst und Kultur

17.12.2015 
Redaktion
 

Stuttgart. Die Opposition hat in einer von den Grünen beantragten aktuellen Debatte zu  „Spielräumen für Kunst und Kultur“ in Baden-Württemberg einen über lange Jahre geltenden grundsätzlichen Konsens aufgekündigt. Die CDU-Abgeordnete Sabine Kurtz warf Grünen und Sozialdemokraten vor, nur das zu unterstützen, „was auf Ihrer Wellenlänge liegt“. Zum Beispiel werde, wer „sich nur unterhalten will, nicht als Teil kultureller Vielfalt betrachtet“. Für die FDP beklagte Friedrich Bullinger die "Selbstbeweihräucherung" der Landesregierung. Da verschlage es einem den Atem.

Wann wäre eine Performance im Hohen Haus angebracht, wenn nicht bei einer Debatte über Kunst und Kultur? Bullinger versuchte es und brachte einen Putzlappen mit ans Rednerpult, um die Tränen abzuwischen, die die Redner und Rednerinnen der Koalitionsfraktionen vor lauter Begeisterung über sich selbst dort hinterlassen hätten. Und er verschenkte grüne Weihnachtsmann-Mützen an Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und vor allem an Kunststaatssekretär Jürgen Walter (beide Grüne). Letzterer mache „Politik nach Gutsherrenart", laut Bullinger „wie ein Grüß-Gott-Onkel, der immer was mitbringt, ein Nikolausi und Osterhasi in einer Person“.

Die SPD-Abgeordnete Helen Heberer, Vorsitzende im zuständigen Wissenschaftsausschuss, verwies dagegen darauf, dass Grün-Rot den Kulturetat in den vergangenen fünf Jahren um 21 Prozent auf 468 Millionen Euro gesteigert habe. „Sie haben noch 2010 zehnprozentige Kürzungen vorgelegt“, sprach Heberer die Abgeordneten von CDU und FDP direkt an. Kunststaatssekretär Walter erinnerte daran, dass die Vorgängerregierung zwar eine – fraktionsübergreifend verabschiedete – umfangreiche Kunstkonzeption vorgelegt hatte, die aber nicht finanziert gewesen sei. „Wir sind in das Ministerium gekommen“, kritisierte der Grüne, „und haben Null komma Null Euro zur Umsetzung im Haushalt gefunden.“

Walter warf der CDU überdies vor, im neuen Wahlprogramm „Lügen zu verbreiten“. Dann darin werde behauptet, das die Landesregierung Mittel senke: „Das ist falsch und abenteuerlich.“ Sabine Kurtz, die in der CDU-Landtagsfraktion auch als künftige Wissenschaftsministerin gehandelt wird, verlangte eine grundsätzliche Umorientierung der Kunst- und Kulturförderung. Denn der Regierung gehe es darum, „Kunstförderung für gesellschaftliche Zwecke einzusetzen, Sozialarbeit, Integration, Partizipation“, etwa durch die Förderung soziokultureller Zentren. Es werde verlangt, „dass Kunst nützlich ist“, während sie für die CDU „frei ist und nicht instrumentalisiert werden darf“. Es sei keine Kunst, Kunst zu fördern, „wenn richtig Geld da ist“, erklärte die Abgeordnete. „Die große Sorge von allen“ sei aber, dass das willkürlich ausgegebene Geld ebenso willkürlich auch wieder eingespart werde.

Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann schlug einen Bogen von der Förderung klassischer Kunst zu eben jenem gesellschaftspolitischen Ansatz und erinnerte an eine Aufführung des Projekts „Zuflucht Kultur“ beim Grünen-Parteitag am Wochenende in Reutlingen. Der Auftritt der inzwischen bundesweit renommierten Flüchtlinge, entdeckt und betreut von der oberschwäbischen Mezzosopranistin Cornelia Lanz, habe sie sehr bewegt. Es gehe unter die Haut, wenn ein geflüchteter syrischer Schauspieler zu den Klängen von Mozart Schlaflosigkeit darstelle. „Wir verstehen Kunst und Kultur auch als Mittler“, sagte die Grüne, „und als ein Friedensprojekt, weil Kultur allen eine Stimme gibt“. In diesem Sinne werde die „hervorragende Kulturlandschaft“ in Baden-Württemberg auch in Zukunft weiterentwickelt.


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