Stuttgart. Die grün-rote Landesregierung will alles tun, um den „Bürger und Umwelt freundlichsten Ausbau“ der Rheintalbahn zu erreichen. „Wir wollen die möglichst beste Lösung für die Region bekommen, ohne dass das Projekt wesentlich teurer wird“, sagte Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Mittwoch in der Debatte des Stuttgarter Landtags zum Stand des Ausbaus des Bahnprojekts.
Gleichzeitig kündigte Hermann an, in der kommenden Woche gemeinsam mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) über die Schienen-Großprojekte in Baden-Württemberg zu sprechen. Außerdem wird sich der Projektbeirat in seiner Sitzung am 14. Juli zum Thema Rheintalbahn mit den von der Bahn vorgeschlagenen drei Varianten zum Offenburger Tunnel sowie zur geplanten Trassierung der Bahnstrecke entlang der Autobahn beschäftigen.
Hermann räumte im Landtag ein, es gehe ihm manches beim Ausbau der Rheintalbahn „zu langsam“. Er sagte auch: „Wir haben noch Probleme.“ So könne im Zuge der Bürgerbeteiligung „nicht alles neu aufgerollt“ werden. Der Minister zeigte sich erfreut über den „hohen Konsens“ im Landtag zum Projekt. Aus seiner Sicht ist der Ausbau der Rheintalbahn mit dem zusätzlichen dritten und vierten Gleis als Infrastrukturmaßnahme das „zentrale Güterschienenprojekt in Deutschland, ja sogar in Europa“. Er bewertete positiv, dass die grün-rote Landesregierung zusätzliche Mittel für den Lärmschutz bereitgestellt und somit das Projekt „entscheidend vorangebracht“ habe. An den Nachbesserungen in Höhe von 250 Millionen Euro bei der Umfahrung Freiburgs und für die Bürgertrasse Markgräflerland beteiligt sich das Land mit der Hälfte der Kosten.
Der Verkehrsminister nährte auch die Hoffnung auf mehr EU-Mittel und forderte gleichzeitig den Bund auf, sich in Brüssel verstärkt um die Co-Finanzierung aus dem Infrastrukturprogramm zu bewerben. Aus diesem Topf könnten bis zu 40 Prozent der Kosten der Rheintalbau bezuschusst werden. Hermann wies auch darauf hin, dass Deutschland mit dem Ausbau der Rheintalbahn als Teil der internationalen Güterverkehrs-Trasse Rotterdam – Genua gerade bei der Schweiz „in der Pflicht“ stehe. „2016 wird der Gotthard-Tunnel fertig“, konstatierte er. Deshalb bedürfe es „mehr Geschwindigkeit“, denn bei der Rheintalbahn sei man erst „bei einem Drittel“.
Thomas Marwein (Grüne) forderte mehr Einsatz von Bahn und Bund. Die Rheintalbahn müsse in Berlin „klar an erster Stelle“ bei den Schienenprojekten stehen. Deutschland müsse seine Hausaufgaben machen, Bahn und Bund seien zuständig und der Bundestag müsse endlich Beschlüsse fassen. Das dritte und vierte Gleis seien unabdingbar. Da die Region die Belastungen tragen muss, sei „zentral für uns der menschen- und umweltgerechte Ausbau“. Marwein sagte, das Projekt Baden 21 zeige außerdem, das Bürgerbeteiligung solche Großprojekte nicht verhindere, sondern verbessere und begleite.
„Wir alle sind für den Ausbau der Rheintalbahn“, stellte Rudolf Köberle (CDU) fest. Deshalb gehe es nicht mehr um das „Ob, sondern um das Wie?“. Gleichzeitig schlug er eine Brücke zu Stuttgart 21. „Wer Baden sagt, muss auch Württemberg sagen. Das Land brauche beide Projekte, die Rheintalbahn und Stuttgart 21“, urteilte der frühere Minister und Staatssekretär. Wenn man in Baden „unten bleibe“ und „etwas teurer“ werde, müsse dies auch für Stuttgart 21 gelten. Köberle bezeichnete es als wohltuend, wie die Kommunen und Bürgerinitiativen bei der Rheintalbahn „kompetent und sachorientiert“ mitarbeiten.
Auch Christoph Baier (SPD) würdigte das überlegte Vorgehen bei der Rheintalbahn. Dies könne als „Blaupause“ für andere Großprojekte im Land dienen. Auch er wähnt sich auf noch auf einem langen Weg („das ist keine einfache Operation“), zumal sich im Raum Offenburg / Riegel ist Region „nicht einheitlich“ aufstelle. Andererseits findet es Baier gut, „fürs gleiche Geld so viel mehr zu bekommen“ – etwa im Markgräferland mit aktivem Lärmschutz, reduziertem Flächenverbrauch, weniger Einschnitte in die Landschaft. Auch für Jochen Haußmann (FDP) ist wichtig, dass die Landschaft geschont, der Flächenverbrauch begrenzt und der Lärmschutz optimiert wird. Nur dann könne von einem „tauglichen Schienenverkehr“ gesprochen werden.