Stuttgart. Die Landesregierung will fast drei Viertel der EFRE-Mittel für Forschung, technologische Entwicklung und Innovation einsetzen. Von diesen Zuschüssen der EU aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) profitiere auch der Ländliche Raum in vielfacher Hinsicht.
Das Land konzentriere sich auch auf die Verringerung der CO2-Emmissionen, weshalb rund 26 Prozent der Fördermittel unmittelbar auf Maßnahmen zur Unterstützung der Energiewende zielen, sagte Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) am Mittwoch im Landtag. Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangten Einsparungen im EU-Haushalt seien nicht zu Lasten Baden-Württembergs gegangen, erklärte der Grünen-Politiker.
Durch die höheren Zuschüsse komme Baden-Württemberg seinem Ruf als „innovativste Region Europas“ nach. Nach den vorläufigen Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums erhält Baden-Württemberg in der Förderperiode 2014 bis 2020 rund 246 Millionen Euro aus dem Topf der EU. Dies sind mehr als 100 Millionen Euro mehr als in der laufenden Periode (143,4 Mio. Euro).
Verteilt werden die Mittel nach dem Beschluss des grün-roten Ministerrates auf die Ministerien Finanzen und Wirtschaft (40 %), Wissenschaft, Forschung und Kunst (20 %), Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (20 %) sowie Ländlicher Raum und Verbraucherschutz (20%). Allerdings partizipieren Nordrhein-Westfalen (28,4 %), Berlin (14,9 %), Niedersachsen (10,9 %) und Bayern (11,6 %) deutlich mehr an dem Geld für Deutschland als der Südwesten (5,78 %). Die EU wolle in der neuen Förderperiode keinen Schwächenausgleich wie bisher, sondern den Ausbau der vorhandenen Stärken, erklärte Bonde.
Strukturell gehe das Land einen neuen Weg und sehe eine Teil der Mittel für landesweite Fachprogramme und für Maßnahmen vor, die über bottom-up-Prozesse definiert werden. Dieser Ansatz des Wettbewerbs RegioWin finde die Anerkennung der EU, erklärte Bonde. Bei RegioWin, wo elf Regionen im Südwesten ihre Ideen vertiefen wollen, ist eine breite Einbindung von regionalen Akteuren in Städten, Verbunden oder Landkreisen gefragt.
Bernd Murschel (Grüne) sprach von einem „wunderbaren Erfolg“; die von Bonde erreichten höheren Mittel ermöglichten dem Land „mehr Spielraum und Potenzial“, auch für den Klimaschutz. Damit könne auch die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen gestärkt werden. Als „Lokomotiven für Europa“ sollten die Regionen auch künftig „gut aufgestellt“ bleiben.
Die höheren Mittel überraschten Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) nicht. „Da muss Baden-Württemberg mehr partizipieren“, sagte sie zum neuen Motiv der EU, Stärken und nicht mehr Schwächen ausgleichen zu wollen. Sie schüttete allerdings einen Wermutstropfen in den grünen Freudenbecher: „94 Prozent der EFRE-Mittel der EU sind nicht nach Baden-Württemberg geflossen.“ Für sie blieben viele Fragezeichen: So sei Grün-Rot bei der Energiewende „noch nicht viel gelungen“. Außerdem gebe es keine speziellen Förderansätze für den ländlichen Raum, kritisierte Gurr-Hirsch. Die frühere Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium forderte Grün-Rot zudem auf, Geld für die Co-Finanzierung im Landes-Etat bereitzustellen. „Wir wollen jede Euro aus Brüssel nutzen“, versprach Bonde.
100 Millionen Euro mehr EU-Mittel seien eine gute Nachricht, konstatierte Rita Haller-Haid (SPD). Sie erwartet, dass nun jede Region im Südwesten eine Innovations-Strategie entwickelt. Dies tue dem Land unabhängig von den Zuschüssen gut. RegioWin sei spitze für den ländlichen Bereich. Haller-Haid sprach sich auch für eine bessere Beratung in den Regierungspräsidenten aus; die Unternehmen müssten mehr Überblick über die Fördermöglichkeiten bekommen.
Friedrich Bullinger (FDP) forderte die Landesregierung auf, die Mittel sinnvoll in die Energieeffizienz einzusetzen. Er sieht in der EU-Förderung auch „Riesenchancen“ für Hochschulen und Forschungsinstitute.