Kommunen sollen einfacher gegen Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen können

17.12.2020 
Redaktion
 

Stuttgart. Sieben Jahren nach seiner Einführung unter Grün-Rot will die Landesregierung das Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen modifizieren. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) brachte am Mittwoch den Gesetzentwurf ins Parlament ein. Dies sei ein weiterer Baustein, um dem Wohnraummangel abzuhelfen, begründete die Ministerin ihre Initiative. Das Gesetz könne das Problem des fehlenden preisgünstigen Wohnraums zwar nicht allein lösen, aber die ordnungsrechtlichen Instrumente könnten unterstützend helfen, so dass die Städte und Gemeinden wirksamer gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen könnten.

Künftig wird es einen Auskunftsanspruch gegenüber Betreibern von Internetportalen wie Airbnb zur Vermittlung von Ferienwohnungen geben. Außerdem bekommen Kommunen einen Anspruch auf Auskunft, wer der Vermieter einer Ferienwohnung ist. Kommunen können auch eine Registrierungspflicht für das Anbieten und Bewerben von Ferienwohnraum einführen, worunter auch Kurzzeitvermietungen von Monteurswohnungen fallen. „Wer seine Wohnung länger als zehn Wochen pro Kalenderjahr als Ferienwohnung vermietet, muss sich die Zweckentfremdung genehmigen lassen“, erklärte Hoffmeister-Kraut. Wie bisher schon stehen alle Instrumente unter Satzungsvorbehalt der Kommunen. Diese hatten in der Anhörung vorgeschlagen, die Geltungsdauer von fünf auf zehn Jahre zu verlängern, was die Landesregierung jedoch ablehnte.

Für die Grünen stellte Susanne Bay klar, dass ihre Fraktion dafür sorgen wolle, dass Wohnungen dafür genutzt werden, den Menschen „ein dauerhaftes Zuhause“ zu bieten. Das Gesetz stelle sicher, dass Städte künftig wissen, welche Wohnungen legal vermietet werden. Es müsse unterbunden werden, dass Wohnungen dauerhaft in Pensionen umgewandelt werden. Die Erhöhung des Bußgeldes auf 100.000 Euro zeige, dass es mit dem Schutz von Wohnraum ernst gemeint ist. Die Grünen hätten sich weiter Verschärfungen vorstellen können; allerdings sie der Koalitionspartner CDU nicht mitgezogen.

CDU: NOVELLE SCHAFFT KEINEN NEUEN WOHNRAUM

Mit der Novelle werde den Kommunen ein „noch besseres und effektiveres Instrumentarium an die Hand gegeben“, um gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen, stellte Tobias Wald (CDU) fest. Allerdings sei der CDU-Fraktion klar, dass damit „kein neuer Wohnraum geschaffen“ werden könne; es werde lediglich verhindert, dass Wohnraum verlorengeht. Wald appellierte an die Kommunen, die Bauwilligen und Bauträger und an die Wohnungsbaugenossenschaften, alle Potenziale zu nutzen, um neuen Wohnraum zu schaffen. Grün-Schwarz habe viel für den Wohnungsbau getan: Das Landeswohnraumförderprogramm wurde flexibilisiert, die Wohnungsbaumittel auf eine Milliarde Euro erhöht, die Landesbauordnung entschlackt, Zuschüsse an Kommunen für Baulückenkataster wurden bereitgestellt und die Digitalisierung in der Bauverwaltung ermöglicht. Er sprach sich dafür aus, dass künftig „die Genehmigungsverfahren vereinfacht, beschleunigt und verkürzt werden“.

Kritik kam von der Opposition. Die Regierungskoalition habe die Evaluation und den gesamten Gesetzgebungsprozess „verschleppt“, sagte Daniel Born (SPD). Der Wirtschaftsministerin warf er vor, sie habe viereinhalb Jahre lang den Prozess in der Wohnungspolitik nur „politisch und protokollarisch flankiert“ und zu wenig getan. Der Instrumentenkasten im Gesetz sei unbrauchbar, denn die Kommunen hätten weiterhin keine Möglichkeit, gegen „Wohnungen, die längst zweckentfremdet sind“, etwas zu unternehmen. Auch bei den Bußgeldern liege Baden-Württemberg weit hinter anderen Bundesländern.

Anton Baron (AfD) apostrophierte das Gesetz als „sozialistisches Bürokratiemonstrum“. Die darin vorgesehenen „Überwachungen“, lehne seine Fraktion ab; damit würden Wohnungs- und Hauseigentümer unter Generalverdacht gestellt. Landes- und Bundesregierung hätten in den vergangenen Jahren „eine katastrophale Wohnungsbaupolitik betrieben“. Das vorhandene Wohnraumproblem sei nicht die Schuld der Wohnungseigentümer, sondern die der Politik. Baron sagte, es sei das gute Recht von Haus- und Wohnungsbesitzern, ihre Wohnungen als Ferienwohnungen zur Verfügung zu stellen. Rechtlich gesehen stehe das Gesetz, wie es das Urteil eines Münchner Gerichts zeige, „auf ganz wackligen Füßen“.

Die „sinnlose Gesetzesnovelle“ werde kein Beitrag gegen den Wohnungsmangel sein, urteilte Gabriele Reich-Gutjahr (FDP). Die Landesregierung reagiere mit dem „Gesetz von vorgestern“ falsch auf die Digitalisierung sowie auf neue Arbeits-, Lebens- und Geschäftsmodelle. Verbote würden keine Anreize für irgendeine Wohnrauminvestition und schon gar nicht für die sinnvolle Nutzung von Flächen schaffen. Das Gesetz sei überflüssig und nütze gar nichts“, begründete die Liberale die Ablehnung ihrer Fraktion.


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