Stuttgart. Der Einzelhandel steht in Zeiten der Digitalisierung vor neuen Herausforderungen. So der Tenor aller Fraktionen in einer von der CDU beantragten aktuellen Debatte an diesem Donnerstag. Das vom Wirtschaftsministerium initiierte Dialogprojekt „Handel 2030“ soll Wege aufzeigen, wie der Einzelhandel gestärkt und zukunftsfähig gemacht werden kann. Dafür nehme man sich Zeit und mache „keine Schnellschüsse“, entgegnete Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) dem Abgeordneten Erik Schweickert (FDP). Er kritisierte, dass sich das Ministerium mit dem Thema Zeit gelassen habe.
„Es ist entscheidend, dass wir uns ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen und nicht Versprechungen in den Raum stellen, die wir nichthalten könnten“, sagte Hoffmeister-Kraut. Geplant sei es Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, um die Wettbewerbsfähigkeit des Einzelhandels langfristig zu sichern. Die Schwerpunkte sollen dabei in folgenden Bereichen liegen: Zukunft der Innenstädte, Digitalisierung, Weiterbildung, Qualifizierung und Fachkräftesicherung.
Der FDP-Abgeordnete sagte, dass die ganze Branche einem anhaltenden Strukturwandel ausgesetzt sei, der seinen Ursprung nicht nur in der neuen Onlineaffinität der Konsumenten habe. Es gehe auch um bürokratische Belastungen, wie die neue Datenschutzgrundverordnung und rechtliche Rahmenbedingungen wie etwa Ladenöffnungszeiten. „Die Vielschichtigkeit der Anforderungen an den Handel ist immens, denn es geht nicht nur um die Effekte fortschreitender Digitalisierung, sondern auch um die Attraktivität der Innenstädte, um drohende Fahrverbote und um qualifizierte Fachkräfte“, ergänzte er.
„Fahrverbote sind Gift für den stationären Handel“, sagte Boris Weirauch (SPD) und sprach sich somit gegen die diskutierten Fahrverbote aus. Stattdessen solle es Park+Ride-Angebote geben und eine dichtere Taktung im Nahverkehr. Auch ältere Menschen, die ihre Einkäufe nicht mehr tragen könnten, müssten in der Diskussion beachtet werden. „Man darf ältere Menschen nicht aus dem Blick verlieren, die auf das Auto angewiesen sind“, sagte er.
Carola Wolle (AfD) sagte, dass „undurchdachte Verkehrskonzepte“ die Bürger am Einkauf im stationären Handeln hindern würden. Fußgängerzonen seien nicht einkaufsgerecht gestaltet. „Fahrverbot, City Maut und Nahverkehrsabgaben müssen umgehend von der Tagesordnung gestrichen werden“, forderte sie.
Für Andrea Lindlohr (Grüne) hingegen steht die gute Erreichbarkeit des Einzelhandels im Vordergrund. Ein guter öffentlicher Verkehr sei ein zentraler Punkt und verwies auf die kürzlich beschlossene Tarifänderung in Baden-Württemberg. „Handel kann und sollte unsere Innenstädte und Dörfer weiter prägen“, sagte sie. Dem stimmte auch Claus Paal (CDU) zu und sprach sich dafür aus, den „stationären Handel zu sichern und gleichzeitig Städte und Dörfer attraktiv zu gestalten“.
Laut Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut sollen nächstes Jahr Ergebnisse der Workshops und der Handlungsempfehlungen veröffentlicht werden. Im Dialogprojekt „Handel 2030“ sind Vertreter des Handelsverbands Baden-Württemberg, des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags, des Städte- und Gemeindetags Baden-Württemberg, des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands, des Verbands der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Süd und Vertreter von Verdi vertreten.