Stuttgart. Auf der Tagesordnung stand Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten, konkret über das Weißbuch zur Zukunft Europas. Aber es ging auch – wieder einmal – um die Zukunft Europas und der der Europäischen Union. „Wir brauchen mehr Europa“, so der FDP-Abgeordnete Daniel Karrais. Das, was die AfD fordere, „ist ein Verrat an der nachfolgenden Generation: Denn Sie setzen mit Ihren Forderungen die Zukunft, den Frieden, die Freiheit und den Wohlstand in der Europäischen Union und in Europa ganz klar aufs Spiel“.
Jean-Claude Juncker sei zu danken, dass er ein Weißbuch zur Fortentwicklung der Europäischen Union zur Diskussion vorgelegt hat, so Karrais weiter. Er habe damit die Debatte in Bahnen gelenkt, die nach der Brexit-Entscheidung der Briten aus dem Ruder zu laufen drohte. Auch Joshua Frey (Grüne) lobte den Weißbuch-Prozess, mit dem der Kommissionspräsident eigentlich die Gretchenfrage aus Goethes Faust gestellt habe, „nur würde die heute nur lauten: Nun sag, wie hast du‘s mit der Europäischen Union? Du bist ein herzlich guter Mitgliedsstaat, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon“. Allzu oft gaben die Mitgliedsstaaten der EU die Schuld, wenn etwas schlecht läuft. Jetzt sei der Ball in die Mitglieder hineingespielt. Und dies solle „als Aufruf aufgefasst werden, wieder Verantwortung für die Europäische Union, und zwar für die ganze Europäische Union, zu übernehmen“.
Für die CDU erläuterte Fabian Gramling, dass Europa nur schlagkräftig sein könne, wenn wichtige Entscheidungen schnell, flexibel und insbesondere nachvollziehbar getroffen würden. „Deswegen müssen wir aus meiner Sicht das Einstimmigkeitsprinzip hinterfragen, wir müssen es ad acta legen“, so Gramling weiter. Denn nur dann könne in Zukunft „wirklich ein großer Wurf in Europa möglich sein“. Sabine Wölfle (SPD) mahnte eine klare Haltung zum Weißbuch und den entwickelten Szenarien an: „Dem aktuellen Europaleitbild nach zu schließen, bewegt sich die Landesregierung irgendwo zwischen den Szenarien ‚wer mehr will, tut mehr‘ und ‚weniger, aber effizient‘“. Auch sie bekannte sich, wie die Redner von CDU und FDP ganz klar zur EU. Die müsse sich „einem ambitionierten politischen Reformprozess weiterentwickelt“. Dies sei „aufgrund der vielseitigen ökonomischen Verflechtungen wichtig gerade für unser exportabhängiges Land“.
Auch der zuständige Minister Guido Wolf ging auf das neue Leitbild der Landesregierung ein. Und er appellierte sich nicht im „Klein-Klein einer parteipolitischen Auseinandersetzung“ zu verlieren. Europa sei zu wichtig. Im Herbst kämen eine neue Kommission und ein neuer Präsident des Europäischen Rats ins Amt. Alle drei Institutionen würden den weiteren Zukunftsprozess maßgeblich prägen. „Die Entscheidung über die Zusammensetzung des Parlaments und der Kommission im Zuge der Europawahl am 26. Mai ist deswegen auch eine Entscheidung über Europas Zukunft“, so Wolf weiter. Und: „Es liegt an uns Europäerinnen und Europäern, diese Entscheidung zu treffen und unsere Verantwortung für das Vereinte Europa wahrzunehmen.“
Bernd Grimmer (AfD) kam noch einmal auf die Regierungsinformation des Herrn Ministerpräsidenten der vergangenen Woche zurück und zitierte: „Wer das vereinte Europa infrage stellt, der stellt sich gegen unsere Verfassung, und das werden wir nicht zulassen.“ Ihn habe dieser Satz „im Kontext der gesamten Rede schockiert, und es war vor allem der Tonfall, mit dem der Ministerpräsident die Worte gesagt hat: ‚Das werden wir nicht zulassen‘“. Er will deshalb „eines in aller Deutlichkeit“ sagen. Auch die AfD wolle ein freies, friedliches, rechtsstaatliches, wohlhabendes Europa. Und weiter: „Aber wir sind gegen eine EU, die in Richtung Unfreiheit, Willkür und Verarmung geht. Wir wollen ein neues Europa, das wieder für Freiheit, Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Wohlstand steht.“