STUTTGART. Grüne und CDU verteidigen die Schaffung eines elften Ministeriums sowie die neuen Ressortzuschnitte, die vom Landtag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen beschlossen wurden. „Es ist eine geübte Praxis, dass eine neue Landesregierung zu Beginn der Legislatur die Geschäftsbereiche an der einen oder anderen Stelle neu zuschneidet“, so der neue Staatssekretär im Staatsministerium Florian Hassler.
Auch die Koalition habe sich „für die kommenden Jahre neu aufgestellt“. Die Schaffung des elften, von der CDU in den Verhandlungen durchgesetzten Hauses, erklärte Hassler damit, dass für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, „einfach eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit ist“. Dazu komme die Zuständigkeit für den neuen Landesentwicklungsplan, „der die heutigen Anforderungen an Flächenschonung, Klimaschutz erfüllt“. Der geltende stamme immerhin dem Jahr 2002, „und deshalb sind wir der Meinung, mit einem eigenständigen Ministerium, mit einer Ministerin und einer Staatssekretärin, die einen klaren Fokus auf genau diese Aufgaben legen, kommen wir in den nächsten Jahren sicher gut voran“.
Die Opposition kritisierte nicht nur dieses Ressorts, sondern auch, dass in dieser Legislaturperiode alle Ministerien mit Staatssekretären oder Staatssekretärinnen ausgestattet wurden. Für die Schaffung des zusätzlichen Bauministeriums gebe es „keinerlei Anlass“, so der FDP-Fraktionsvize Nico Weinmann. Dieses Haus diese „nur der Wahrung des Geschlechter- und Regionalproporzes bei der CDU“. Den Steuerzahler kosteten die zusätzlichen Stellen aber jährlich Millionen, während notwendige Maßnahmen dem Haushaltsvorbehalt unterliegen. „Diese teure Bürokratie lehnen wir ab“, erklärte der Heilbronner Abgeordnete. Und weiter: „Durch die Zusammenlegung anderer Ministerien hätte man ohne zusätzlichen personellen Aufwand ein eigenes Digitalisierungsministerium schaffen können.“ Auch die Verbindung des Justizressorts mit der Migration lehne seine Fraktion ab. Denn mit Blick auf die Gewaltenteilung brauche es eine klare Trennung zwischen Legislative und Exekutive, und fachlich gebe es „keinerlei Überschneidungen“. Offensichtlich hätten auch hier persönliche Gründe die fachliche Gebotenheit überlagert und Ressorts zu beliebiger Manövriermasse werden lassen.
Für die SPD erinnerte Boris Weirauch an die letzte Phase der Regierungsbildung. Richtig schwierig sei, „wenn man dieses Recht, sich neu zu sortieren, nicht entlang der Zukunftsthemen und der Aufgaben eines Landes orientiert, sondern an Personen aufhängt, wenn also quasi das Amt der Person folgt und nicht die Person dem Amt, wie es jetzt bei der neuen Geschäftsverteilung im Justizministerium offensichtlich wird“. Am Tag der Verkündung der Ministerposten – „Sie haben die dpa-Meldung wahrscheinlich noch vor Ihrem inneren Auge“ – habe sich die halbe CDU-Fraktion für jeweils einige Minuten mit dem Ministerposten im Justizministerium schmücken können.
Anton Baron (AfD) sprach von der aufgeblähten Kretschmann-Regierung und von Akten der Selbstbereicherung, „deren unverschämtester die Schaffung des neuen Juniorministeriums Landesentwicklung und Wohnen ist, um der CDU die Schmach zu ersparen, ein Ministerium zu verlieren“.
Die Redner der Regierungsfraktion erklärten die Veränderungen dagegen inhaltlich. „Mit dem Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen machen wir deutlich, bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen sind ganz elementare Ziele dieser Koalition“, so Andreas Deuschle CDU). Problemlösung werde großgeschrieben, bezahlbarer ökologischer Wohnraum solle schneller und effizienter geschaffen werden: „Eine zentrale Rolle wird das Ministerium deshalb etwa bei den geplanten Strategiedialogen spielen, wo wir die verschiedenen Akteure miteinander vernetzen und Förderprogramme besser miteinander verzahnen möchten.“
Thomas Hentschel (Grüne) machte auf einen weiteren Aspekt aufmerksam, darauf dass „der wichtige Querschnittsbereich Europapolitik ins Staatsministerium zurückgeführt wurde“. Ein Schritt, der der Tatsache Rechnung trage, wie „die Europäische Union in alle Lebensbereiche mit hineinwirkt“. Insbesondere klima- und wirtschaftspolitische Fragestellungen wie beispielweise die Weiterentwicklung des Klimaschutzes im Verkehrssektor ließen sich so deutlich effizienter steuern. Zuständig ist Hassler, der verspricht, „unseren Einfluss wirklich wirksam geltend zu machen“. Da brauche es eine gute, ressortübergreifende Koordination und eine Bündelung der Interessen, und deshalb sei „folgerichtig, die Europapolitik wieder in der Regierungszentrale zusammenzufassen“.