AfD stimmt gegen Staatsvertrag mit Sinti und Roma

19.12.2018 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. Mit breiter Mehrheit aus Grünen, CDU, SPD und FDP hat der Landtag den neuen Staatsvertrag mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma über ihre Zusammenarbeit verabschiedet. Damit verbunden ist die Fest- und Fortschreibung der staatlichen Förderung. Sie steigt von derzeit 500.000 Euro auf 700.000 Euro im nächsten und 712.000 Euro im übernächsten Jahr. Danach wird der Betrag bis 2033 per anno um zwei Prozent steigen. Im Südwesten leben rund 12.000 Sinti und Roma - ein Zehntel der Gesamtzahl bundesweit.

Die AfD-Fraktion lehnte den Vertrag unter anderem wegen seiner Laufzeit ab. „Die Verdreifachung auf drei Legislaturperioden ist für uns nicht nachvollziehbar“, so der Mannheimer Abgeordnete Rüdiger Klos. Zudem kritisierte er, seine Fraktion sei in die Verhandlungen nicht eingebunden gewesen sei: „Sie haben uns den Vertrag hingeknallt und gesagt, ‚Friss oder stirb‘“.

Staatssekretärin Theresia Schopper (Grüne), die das Vertragswerk ausgehandelt hatte, wies dies entschieden zurück. Da der erste, seit 2014 gültige Staatsvertrag zum Jahresende ausläuft, habe sie im vergangenen Mai alle Landtagsfraktionen angeschrieben, woraufhin die AfD ihr Stefan Räpple als zuständig genannt habe. „Er hat sich von mir informieren lassen“, so Schopper weiter, und danach „niemals mehr etwas von ihm gehört“.

In der Sache würdigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Sinti und Roma als "Teil unserer Gesellschaft seit über 600 Jahren“. Sie hätten aber viel zu lang am Rande gestanden. „Sie wurden diskriminiert, sie wurden ausgegrenzt und im Nationalsozialismus brutal verfolgt und systematisch ermordet“, so der Regierungschef. Baden-Württemberg habe den bundesweit ersten Staatsvertrag dieser Art geschlossen und ihn seinerzeit im Landtag verabschiedet, einstimmig als "ein starkes Zeichen“.

Mit der Haltung der AfD befassten sich auch Fraktionsvorsitzenden von CDU, Grünen und SPD. „Wenn Sie sich heute in dieser Abstimmung gegen den Staatsvertrag für Sinti und Roma aussprechen, dann zeigen Sie, wes Geistes Kind Sie tatsächlich sind“, erklärte Andreas Stoch (SPD).

Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke schlug den Bogen zum Existenzrecht des Staates Israel. Es gehöre zur Staatsräson der Bundesrepublik, und dann seien auch "andere verfolgte Minderheiten, wie die Sinti und Roma in jener Zeit, für die Zukunft in ihrem Existenzrecht als Teil der Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland zu verstehen“. Dafür, dass sie nicht zustimme, „sollte sich die AfD-Fraktion schämen“.

Wolfgang Reinhart (CDU) sprach von der historischen und moralischen Pflicht, die sich „in der Erinnerung an das hunderttausendfache bittere Unrecht und an der Verantwortung daraus“ widerspiegele. " Die AfD solle auch nicht das eine Unrecht – Fraktionschef Bernd Gögel hatte auf die Vertreibung von Deutschen aus der damaligen CSSR angespielt - „gegen das andere ausspielen“.

Für die Grünen verwies Andreas Schwarz auf die „brandaktuelle Bedeutung“ des Vertrags und damit der Menschenrechte und des Minderheitenschutzes: „Gerade jetzt, wo auch die Erinnerungskultur in diesem Parlament ständig Angriffen ausgesetzt ist, ist der Staatsvertrag nicht nur Mahnmal, sondern ist Teil unserer Staatsräson in Baden-Württemberg.“


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