Stuttgart. Bürokratieabbau beim Mindestlohn, der Ausbau der Bodenseegürtelbahn und der Neubau der Kinderklinik des Universitätsklinikums Freiburg: Dies waren unter anderem die Themen der mündlichen Anfragen von Abgeordneten an die Landesregierung bei der Fragestunde im Rahmen der Plenarsitzung am Donnerstag.
Ob Gelder der Studierenden der Universität Heidelberg durch den Studierendenrat im Rahmen von Blockupy-Aktionen zur Unterstützung von Aktionen gegen die Europäische Zentralbank eingesetzt wurden, wollte die CDU-Abgeordnete Sabine Kurtz von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) wissen. Bauer erklärte dazu, dass dem Wissenschaftsministerium nicht bekannt sei, dass das Referat für politische Bildung des Studierendenrates der Universität Heidelberg solche Aktionen unterstützt habe. Allerdings seien eine Podiumsveranstaltung über den Sinn und Unsinn solcher Blockupy-Aktionen sowie eine Busfahrt zu einer Protestveranstaltung mit einer Summe von maximal 500 Euro unterstützt worden. Dieser konkrete Fall werde derzeit von der Universität als Rechtsaufsichtsbehörde überprüft. Bauer erinnerte in diesem Zusammenhang an die Aufgaben der verfassten Studierendenschaft. „Sie kann als Stimme der Studierenden zu aktuellen Themen Position beziehen. Dazu gehört auch die politische Bildung“, sagte Bauer. Gleichzeitig habe sie aber das Gebot der Neutralität zu wahren; dies werde nun durch die Universität geprüft. Bauer warnte davor, Vorverurteilungen über die erst vor kurzem wieder eingeführte verfasste Studierendenschaft zu treffen.
Nach geplanten Verbesserungen und Investitionen auf der Bodenseegürtelbahn zwischen Friedrichshafen und Radolfzell fragte Ulrich Müller (CDU) die Landesregierung. Gisela Splett (Grüne), Staatssekretärin im Verkehrsministerium, unterstrich die hohe Bedeutung des Schienenverkehrs für die Landesregierung. Das Land habe dem Bund die Aufnahme von Verbesserungen auf diesem Streckenabschnitt in den Verkehrswegeplan 2015 vorgeschlagen; ob dies durch den Bund erfolgen werde, sei derzeit aber noch ungewiss. Dieses Projekt rangiere beim Ausbau des Schienenverkehrs im Land nach Südbahn und Hochrheinstrecke auf Rang drei. Derzeit könne aber seitens der Landesregierung keine konkrete Aussage getroffen werden, wann es zu Maßnahmen komme, so Splett. Auch sei ein Ausbau nur mit kommunaler Beteiligung möglich.
Ob die Landesregierung Änderungen bei den Dokumentationspflichten beim Mindestlohngesetz für dringend erforderlich hält und welche, wollte der FDP-Abgeordnete Friedrich Bullinger von der Landesregierung wissen. Ebenso fragte er, ob das Land über den Bundesrat auf Änderungen bei den Arbeitszeitregelungen und Dokumentationspflichten hinwirken werde. Dazu antwortete Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD), dass die auftretenden Probleme nicht durch den Mindestlohn verursacht würden, sondern durch Arbeitszeitregelungen und damit das Arbeitszeitgesetz betreffen würden. Altpeter verwies darauf, dass sich die Arbeits- und Sozialminister der Länder erst am Vortag auf eine Erleichterung für Saison- und Kampagnenbetriebe wie Weinbauern, Spargelbauer oder Schausteller und Festzeltbetreiber geeinigt hätten. Für deren Saisonmitarbeiter seien statt bisher maximal zehn Stunden künftig zwölf Stunden Arbeitszeit erlaubt. Die Kritik an der Dokumentationspflicht der Arbeitszeit konnte Altpeter nicht nachvollziehen. „Was soll so kompliziert daran sein, den Namen des Mitarbeiters, Arbeitsbeginn, Pause, Arbeitsende, Stundenzahl und Verdienst auf einem Zettel zu notieren?“ fragte Altpeter. Dieser Nachweis müsse nach sieben Tagen erstellt und abgezeichnet sein. „Es ist doch das normalste der Welt, aufzuschreiben, wann man angefangen und aufgehört hat zu arbeiten“, sagte Altpeter.
Zudem fragte Bullinger, wie es mit den Gebäuden und landwirtschaftlichen Flächen beim Hofgut Kleincomburg nach Schließung der dortigen Außenstelle der Justizvollzugsanstalt (JVA) Schwäbisch Hall weitergehe. Justizminister Rainer Stickelberger (SPD), in dessen Zuständigkeit die Frage lediglich aufgrund der noch bestehenden JVA-Außenstelle fiel, versuchte sich trotz eingestandener eingeschränkter Kenntnisse über Belange der Landwirtschaft und der dort gehaltenen Mastochsen an einer Antwort. Demnach werde der landwirtschaftliche Betrieb mit Schließung der Außenstelle eingestellt, es werde auch keine neue Aussaat erfolgen. Danach würden Flächen und Gebäude zum 30. September an das zuständige Amt für Vermögen und Bau übergeben. Zur näheren Auskunft über das Schicksal der einzelnen Ochsen bat Stickelberger den FDP-Abgeordneten, später noch einmal nachzufragen, was dieser zusagte. Bullinger fragte zudem, ob es möglich sei, die Gebäude als dringend benötigte Flüchtlingsunterkünfte zu nutzen. „Noch steht nichts leer, und danach muss erst die Gebäudesubstanz geprüft werden“, antwortete Stickelberger. „ Ob und welchem Umfang eine Nutzung in diese Richtung möglich ist, muss dann in den zuständigen Häusern begutachtet werden.“ In jedem Fall aber müsse das Ergebnis der Bestandsaufnahme durch Vermögen und Bau abgewartet werden.
Der Neubau der Universitäts-Kinderklinik Freiburg ist aus Sicht der Landesregierung unumgänglich. Mit den Vorbereitungen für einen Neubau kann allerdings erst ab Frühjahr 2017, mit dem eigentlichen Baubeginn nicht vor Herbst 2017 gerechnet werden. Dies geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Frage des FDP-Abgeordneten Jochen Haußmann zum aktuellen baulichen Zustand der Kinderklinik und dem Zeitfenster für einen möglichen Neubau hervor. Finanzstaatssekretär Peter Hofelich (SPD) sagte, dass eine Sanierung der in mehreren stark sanierungsbedürftigen Einzelgebäuden und Pavillons untergebrachten Klinik in der Summe finanziell nicht vertretbar sei. „Das läuft auf einen Neubau hinaus“, so Hofelich. Derzeit liefen Vorbereitungen für einen Realisierungswettbewerb mit der Stadt Freiburg. Das gesamte Investitionsvolumen für den Neubau, so Hofelich auf Nachfrage, sei derzeit allerdings noch nicht absehbar.