Stuttgart. Ein Professor der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg stand an diesem Montag dem Untersuchungsausschuss des Landtags zur Zulagenaffäre Rede und Antwort. Er machte keinen Gebrauch von der Möglichkeit, seine Besoldungsgruppe zu wechseln - wegen rechtlicher Bedenken.
Etliche seiner Kollegen hatten hingegen keine Zweifel und wechselten von der C in die W-Besoldung, die ein niedrigeres Grundgehalt, aber entsprechende Zulagen vorsah. Damit kamen die zuvor in C2 eingestuften Professoren auf ein Gehalt, das in etwa mit der höheren C3-Stufe vergleichbar war. Ob die dann auch gewährten Leistungszulagen zu Recht gewährt wurden, ist Gegenstand der Untersuchung des Landtagsgremiums.
Für den befragten Professor, dem angesichts schwammiger Aussagen Zweifel an der Rechtmäßgkeit der Zulagen gekommen waren, ist die Frage der Zulagen, mit der der Untersuchungsausschuss sich befasst nur die Spitze des Eisbergs. Er sprach von zahlreichen rechtlich kritischen Fragen an der Hochschule und appellierte an die Abgeordneten: "Helfen Sie uns".
Er erzählte von Prüfungsproblemen, von nachträglich geänderten Prüfungsnoten und auch von zusätzlich angemieteten Räumen, da zumindest im Bereich der Finanzhochschule nur vormittags unterrichtet wird, statt die Unterrichtszeit über den gesamten Tag zu verteilen. „Was er von den Zuständen in der Hochschule erzählte, war sehr beunruhigend“, sagte die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sabine Kurtz (CDU). Ähnlich äußerten sich auch die Obleute von CDU, FDP und SPD. Für Marion Gentges (CDU) stellte sich auch die Frage, ob es von Seiten des Landes Möglichkeiten gibt, etwas an der Situation an der Hochschule zu verbessern.
Sascha Binder (SPD) kritisierte, dass die Wissenschaftsministerin als oberste Dienstherrin bei den Zuständen an der Hochschule nicht eingeschritten seit. Bei Zuständen, die nach Aussage des befragten Professors immer noch andauerten. Auch Nico Weinmann (FDP) sprach davon, dass der Professor ein katastrophales Bild von den Zuständen an der Hochschule gezeichnet habe. Ein Vertreter der AfD nahm am Pressegespräch nicht teil.
Der Grünen-Obmann Thomas Henschel, hingegen versuchte diese Vorwürfe kleinzureden. Er sprach von Nickligkeiten der Professoren. Zugleich wies er darauf hin, dass die Vorwürfe des Professors dem Wissenschaftsministerium bislang nicht bekannt gewesen seien. Es gelte zunächst zu klären, was daran sei. Zunächst sei die Hochschule dafür zuständig. Dort war der Professor allerdings in der Vergangenheit, wenn er die Probleme angesprochen hatte, nach eigenen Aussagen bereits mehrfach gescheitert. Ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums erklärte, dass das Ministerium zunächst prüfen wolle, ob die Vorwürfe einen realen Hintergrund haben.
Nach Aussage des Professors hat die ehemalige Rektorin Stöckle, die 2011 ins Amt kam, versucht, die Situation an der Hochschule zu verbessern. Nach den Worten einer weiteren Professorin, die am späten Nachmittag noch vor dem U-Ausschuss befragt, hatte Stöckle auch mit einem Kompromiss-Angebot versucht, die Zulagenproblemaktik in den Griff zu beommen. Dies sei jedoch erfolglos gewesen. „Die wollten das Vollpaket", sagte die ehemalige Dekanin mit Blick auf die Wechsler. „Das Unrechtsbewusstsein fehlt meiner Wahrnehmung nach bis heute.“ Die abwartende Haltung des Wissenschaftsministerium sei ihr nicht verständlich. Sie habe wie weitere Unterzeichner einer Resolution zum Abstellen der Missstände vom März 2014 gehofft, dass das Ministerium reagiert - vergeblich. Die Professorin sagte: „Aus meiner Sicht sind die Hochschulen zu sehr sich selbst überlassen.“
Die 13 Professoren, gegen die die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Beihilfe zur Untreue erhoben hat, berufen sich zu ihrer Verteidigung auch auf Auskünfte des Landesamts für Besoldung und Versorgung. Vertreter dieser Behörde stellten vor dem Untersuchungsausschuss klar, dass das LBV nur dafür zuständig sei, die Gehälter auszuzahlen. Die Entscheidung über die Höhe treffe die Hochschule. In den Anfragen der Professoren, die das LBV beantwortet hatte, sei es ausschließlich über die Ruhegehaltsfähigkeit der Zulagen gegangen. Der zuständige Beamte, der die Anfragen beantwortet hatte, erklärte beim Begriff Berufungsleistungszulage in den Antworten einen Fehler gemacht zu haben. Allerdings gebe es keinen Unterschied mit Blick auf die Ruhegehaltsfähigkeit zwischen Berufungsleistungszulagen und sonstigen Bezügen.
Im Kern geht es in dem Untersuchungsausschuss um die Frage, ob Professoren der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, die den Nachwuchs für den öffentlichen Dienst ausbildet, zu Recht Zulagen gewährt und von diesen angenommen wurden. Auch soll geklärt werden, ob Rektorat und Professoren Zweifel an der Praxis hätten bekommen können. Die Opposition will außerdem das Krisenmanagement sowie mögliche Pflichtverletzungen von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) beleuchten.