Stuttgart. Trotz „sehr begrenzter“ Kompetenzen des Landes will Verkehrsminister Winfried Hermann (Grünen) den Schienengüterverkehr im Südwesten in den kommenden Jahren forcieren. Durch Stärkung des Wettbewerbs könne dieser gestärkt werden, sagte Hermann am Mittwoch im Stuttgarter Landtag. Dazu gehören neben einem funktionierenden Wettbewerb unter den Eisenbahn-Verkehrsunternehmen auch faire Bedingungen im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern. Deshalb setze sich sein Ministerium dafür ein, dass der Straßengüterverkehr sowie der Schienengüterverkehr seine Infrastrukturkosten selber erbringe, erklärte der Grünen-Politiker. Dazu sei die Ausweitung der Lkw-Maut auf das weitere Straßennetz und die Einbeziehung externer Kosten notwendig.
Hermann wies darauf hin, dass bei diesem Thema vor allem der Bund, die Kommunen und die Bahngesellschaften gefragt sind. „Die Landespolitik hat da selbst nur eine sehr begrenzte Kompetenz.“ Dennoch sei der Schienengüterverkehr, dem moderate Zuwächse prognostiziert werden, ein „wichtiges Anliegen“. Sobald ihm eine zweite Studie zu diesem Verkehrszweig vorliege, werde er ein Konzept für Baden-Württemberg vorlegen, kündigte der Minister an. Gleichwohl bleibe der Anteil des Straßengüterverkehrs, der derzeit bei 72 Prozent liegt, auch künftig hoch.
Hermann erklärte, er unterstütze deshalb den „kombinierten Güterverkehr“ auf Straße und Schiene bzw. Schiene und Wasserstraße. „Auch dort sind Zuwächse erzielbar“, sagte er. Durch die Erweiterung der Lkw-Maut erhofft er sich die Erhöhung des Schienengüterverkehrs von momentan 12 auf 17 Prozent. Dafür müssten auch mit den Kommunen Standorte zur Güterverladung gefunden und entwickelt werden. Das Land werde zudem auch Unternehmen bei Gleisanschlüssen unterstützen.
Der Lkw-Verkehr auf den Straßen nehme zu und belaste die Menschen, sagte Thaddäus Kunzmann (CDU). Andererseits hält er den Schienenverkehr für „nur bedingt“ leistungsfähig. Auch er forderte deshalb den funktionierenden Wettbewerb unter den Eisenbahngesellschaften, ein leistungsfähiges Schienennetz, moderne Umschlagzentren und ein optimales Zusammenspiel mit den Nachbarländern beim grenzüberschreitenden Verkehr.
Kunzmann kritisierte die grün-rote Landesregierung, da sie die Zuschüsse für den Schienengüterverkehr von 9,8 Millionen Euro im Jahr 2012 auf 6,9 Millionen Euro im vergangenen Jahr gesenkt habe. Die sei eine „stiefmütterliche“ Behandlung einer Branche mit 20 000 Unternehmen, 380 000 Beschäftigten und einem Umsatz von 35 Milliarden Euro. Auf der Schiene müsse in Zukunft eine Verdoppelung der Züge erreicht werden.
Die Förderung des Schienengüterverkehrs sei notwendig, darüber seien sich alle Fraktionen einig, bemerkte Wolfgang Raufelder (Grüne). Er kritisierte den Bund, der auf diesem Gebiet „seinen Verpflichtungen nicht nachkommt“. Im Südwesten habe es bisher an Konzepten gefehlt, kritisierte er die CDU/FDP-Vorgänger-Regierung. Grün-Rot habe nun Projekte im Bundesverkehrsplan beantragt.
Für Hans-Martin Haller (SPD) bleibt die Frage offen, wie viel Güterverkehr auf die Schiene gebracht werden kann. „Es hapert bei der Umsetzung“, sagte er. Als Gründe nannte der SPD-Verkehrsexperte die fehlende Trassenkapazität und zu wenig Umschlagplätze. „Bei den Schienen hinken wir hinterher, alles ist sehr zäh.“ Haller schlug vor, behutsam und gemeinsam mit den Kommunen die Raumordnungsverfahren für solche Zentren anzugehen. In Eutingen im Gäu, Plochingen und Reutlingen laufen Untersuchungen für Standorte für Verladeangebote. Außerdem will die Stadt Lahr ein Güterverkehrszentrum einrichten. Leistungsfähige Terminals zur Güterverladung stehen bereits in Mannheim, Kornwestheim, Karlsruhe, Heilbronn, Ulm und Weil am Rhein zur Verfügung. Nach Ansicht von Minister Hermann ist Kornwestheim allerdings „nicht auf dem neuesten Stand“. Die DB sei halt oft nicht die schnellste, fügte der Grüne an.
Jochen Haußmann (FDP) wies auf die Probleme des Bahnverkehrs hin: „Extrem lange Laufzeiten und Unpünktlichkeit.“ Deshalb würden viele Speditionen auf den Lkw-Verkehr setzen. Zudem seien in den vergangenen Jahren viele Firmengleisanschlüsse zurückgefahren worden. So gebe es in der Region Stuttgart inzwischen nur noch acht Industrie-Gleise. Auch der Bahnlärm sei nicht zu unterschätzen. Deshalb plädierte auch der Liberale für den Kombi-Verkehr beim Gütertransport.