Stuttgart. Nach einer Großen Anfrage der CDU ging es beim letzten Tagesordnungspunkt im Landtag um das Thema Realschule. Es wurde deutlich, dass es beim Thema Ausgestaltung des Schulsystems weiterhin Unterschiede zwischen den Parteien gibt. Die Opposition positionierte sich als Bewahrer und Verteidiger der Realschule und äußerte die Befürchtung, dass die Landesregierung diese lediglich als ungeliebtes „Stiefkind“ sehe.
Den Vorwurf, man versage der Realschule notwendige personelle und finanzielle Mittel, konterte die Koalition: 200 zusätzliche Deputate für die individuelle Förderung seien ein klares Signal.
Alle Fraktionen äußerten sich positiv über die Realschule und ihre Erfolge. Sie sei persönlichkeitsbildend und die berufliche Orientierung sei richtig und wichtig. Dort würden den Kindern und Jugendlichen persönliche, soziale, methodische und fachliche Kompetenzen vermittelt. Eltern, Schüler und die Wirtschaft schätzten dieses, was sich an steigenden Schülerzahlen widerspiegeln würde. Gerade die Realschule zeigt, dass die vertikale und horizontale Durchlässigkeit in Baden-Württemberg funktioniere, so Timm Kern (FDP). Sie ermögliche einen echten Bildungsaufstieg.
CDU und FDP äußerten Kritik an der Landesregierung. Das Kultusministerium kümmere sich nicht in dem Umfang um eine ausreichende Ressourcenausstattung der Realschulen, wie sie es bei anderen Schulen, insbesondere der Gemeinschaftsschule, tue. „Sie lassen die Realschule ins Messer laufen. Die Gemeinschaftsschule geht zu Lasten der Realschule. Wir fordern Gerechtigkeit gegenüber allen Schulformen“, sagte Karl Traub (CDU). Er forderte das Kultusministerium auf, den Klassenteiler an das Niveau der Gemeinschaftsschule anzupassen.
Die Opposition befürchtet, dass die Grün-Rote Regierung die Realschulen und damit das gegliederte Schulsystem zerschlagen wolle. „Damit brechen sie unserem erfolgreichen Schulsystem das Rückgrat“, sagte Kern. Karl Traub stellte die Frage, was denn die Gemeinschaftsschule so viel besser machen werde?
Um diese drehte sich ein Großteil der Debatte. Grüne und SPD machten deutlich, dass der Gemeinschaftsschule die Zukunft gehöre. Die Realschulen seien schon immer schlechter gestellt gewesen als andere Schulen. Auch die schwarz-gelbe Regierung habe daran nichts geändert, als sie die Möglichkeit dazu hatte, so Sandra Boser von den Grünen.
Klaus Käppeler (SPD) sprach gar von einer Erblast, die nicht kurzfristig ausgebessert werden könne. An den Realschulen fehlten Mittel, Lehrer und Ausstattung. Mit zusätzlichen Stellen für die individuelle Förderung werde man dies schrittweise ändern. Die Koalition machte deutlich, dass die Real- und Werkrealschulen in Zukunft zu Gemeinschaftsschulen verschmelzen sollten. Gerade weil dort eine große Heterogenität innerhalb der Schülerschaft bestehe, sei dies oftmals schon der Fall. „Die Realschulen sind bereits Gemeinschaftsschulen“, so Käppeler. Gerade für das Thema Integration seien sie evident wichtig und leisteten dort bereits viel. Diese Gleichsetzung sorgte für viel Unruhe im Landtag. Käppeler stieß nach und sagte, dass die Abwehrfront der CDU gegenüber der Gemeinschaftsschule schon innerhalb der Partei bröckele.
Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) lobte ebenfalls die innovative Leistungsstärke der Realschulen. Sie machte deutlich, dass die Landesregierung alle Schulen gleichermaßen unterstütze. Mit Blick auf die aktuellen Ergebnisse der Bertelsmann-Studie betonte sie, dass man das Thema Chancengleichheit angehen müsse. Gerade dabei böte die Gemeinschaftsschule Vorteile. Individuelle Förderung sei dabei besonders wichtig. Gerade die SPD machte deutlich, dass die Realschulen auf kurz oder lang automatisch zu Gemeinschaftsschulen werden und diese Entwicklung teils selbst voranbringen würden. Ungeachtet der Proteste der Opposition stellte die Ministerin klar: „Die Gemeinschaftsschule wird das Erfolgsmodell in Baden-Württembergs werden.“