Stuttgart. Der neben Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dienstälteste Landtagsabgeordnete Wolfgang Drexler (SPD) ist am Donnerstag im Landtag verabschiedet worden. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bedauerte „einen Verlust von Vielfalt in unserem Parlament“.
Drexler, der zum Jahresende sein Mandat niederlegt, habe einmal beklagt, dass die Gruppe der über 70-Jährigen unterrepräsentiert sei. „Dieser Missstand wird nun leider noch größer“, konstatierte Aras. „Wir verabschieden einen Parlamentarier, ohne den der Landtag heute anders aussähe. Einen Parlamentarier mit Ecken und Kanten – davon können alle Fraktionen, aber auch Ihre eigene Partei ein Lied singen, einen, der mit seiner Leidenschaft und seiner direkten Art das Profil unserer Volksvertretung schärfte.“ Die Abgeordneten spendeten Minuten lang stehend Applaus.
Drexler vertrat seit dem 16. April 1988 den Wahlkreis Esslingen, war zwischen 2001 und 2006 SPD-Fraktionsvorsitzender und von 2006 bis 2016 stellvertretender Präsident des Landtags. Der 72-Jährige wirkte in der Föderalismusreform II mit und leitete zwei Untersuchungsausschüsse zum Thema „Rechtsterrorismus/NSU“. Aras dankte ihm für die „beharrliche und unermüdliche Detektivarbeit als Ausschussvorsitzender“.
In seiner Dankesrede machte Drexler deutlich, dass ihm der Abschied schwer falle. Er nutzte die Gelegenheit, deutliche Worte an die Fraktionen in Bezug auf die Ausschlüsse von zwei Abgeordneten aus dem Landtag in der vergangenen Woche zu adressieren: „Ich kann alle Fraktionen nur auffordern, dass solche Dinge nie wieder vorkommen. Ich hätte mir in meinen 30 Jahren nicht vorstellen können, dass rassistische Beleidigungen der Präsidentin im Landtag von Baden-Württemberg möglich sind. Das war ein Tabubruch, wie es ihn in der Geschichte nur am Ende der Weimarer Republik gab. Damals wurden Repräsentanten des Parlaments systematisch von Nationalsozialisten und der rechten Seite kaputt gemacht, verleumdet, diskreditiert und beleidigt. Genau das haben wir letzte Woche erlebt.“
In seiner Funktion als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses legte der Oberamtsanwalt a.D. später in gewohnter Manier Zeugnis über die Ergebnisse und Empfehlungen des Untersuchungsausschusses ab. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Stoch dankt Drexler und würdigte dessen enorme Leistung: „Wolfgang Drexler ist das Paradebeispiel eines leidenschaftlichen politischen Schaffers.“ Dass Drexler, der unter anderem auch Stadt- und Kreisrat, Vorsitzender zweier Esslinger Vereine und Präsident des Schwäbischen Turnerbundes ist, nun kürzer treten wolle, sei für die SPD-Landtagsfraktion ein Verlust, aber menschlich mehr als verständlich. „Wolfgang Drexler ist nicht nur ein politisches Urgestein, sondern auch ein Paradebeispiel für sozialdemokratisches Engagement, und zwar im Landtag wie auch vor Ort, in politischen Gremien, in Vereinen und in der Gesellschaft. Der Abgeordnete Drexler geht, aber der Sozialdemokrat Drexler bleibt uns zum Glück erhalten“, so Stoch.
Drexlers Mandat übernimmt im neuen Jahr Nicolas Fink, der bei der vergangenen Landtagswahl als Ersatzbewerber der SPD im Wahlkreis Esslingen angetreten war. Fink ist bis zum Ende des Jahres noch Bürgermeister von Aichwald (Kreis Esslingen).