Windkraft: SPD für geringeren Abstand zur Wohnbebauung

06.04.2017 
Redaktion
 

Stuttgart. Diskussionen über die Windkraft in Baden-Württemberg sorgen im Landtag regelmäßig für Turbulenzen. Während die Regierungsfraktionen von Grünen und CDU in der Debatte am Donnerstag die Vorteile dieser Erneuerbaren Energie lobten, äußerten sich die Sprecher der oppositionellen AfD und FDP eher skeptisch. Die SPD scheiterte mit einem allerdings vom Juli 2016 stammenden Antrag, wonach an den bisherigen Mindestabständen zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung von 700 Metern festgehalten werden soll und der Ausbau der Windkraft ohne neue Hürden für die Planer und Investoren erfolgen soll.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ist die Windkraft alternativlos, will das Land die Energiewende schaffen und den Anteil der Erneuerbaren Energie deutlich zu erhöhen. In Baden-Württemberg würden jährlich 80 Milliarden Kilowattstunden Strom verbraucht, durch den Ausbau der E-Mobilität würde der Bedarf eher noch steigen, sagte der Minister. Durch den Atomausstieg müsste der Strom künftig aus Solaranlagen, Wind- oder Wasserkraft kommen, vielleicht auch aus Biomasse. „Dann sind die Quellen erschöpft“, sagte Untersteller.

Deshalb arbeite das Land an einem „behutsamen, natur- und umweltverträglichen Ausbau“ der Windkraft. Seit 1. Januar werden neue Projekte ausgeschrieben, der Abstand der Anlagen von Wohngebieten sei keinesfalls auf 700 Meter reglementiert. „Es können auch 800, 900, 1000 oder mehr Meter sein“, erklärte der Minister. Dies müsse am Standort geklärt und begründet werden.

„Windkraft macht auch in Baden-Württemberg Sinn“, reagierte Untersteller auf Vorhaltungen, es gebe zwischen Main und Bodensee zu wenig Wind. Dafür sprechen 194 neue Genehmigungen im vergangenen Jahr und 173 Anlagen im Genehmigungsverfahren. Die Anlagen seien auch viel leistungsfähiger geworden. Baden-Württemberg sei lange Jahre auf dem letzten oder vorletzten Platz der Bundesländer gelegen, inzwischen nehme der Südwesten die fünfte Stelle ein.

„Ein Motor kann auch ein Rotor sein“

Paul Nemeth (CDU) nannte es einen „verheerenden Fehler“, die Windkraft als technikfeindliches Produkt zu kritisieren. Es handele sich dabei um eine hochmoderne Technologie, denn „ein Motor kann auch ein Rotor sein“ und umgekehrt. Die Windkraft sei das „emotionalste Thema, aber nicht das Wichtigste“, urteilte der CDU-Energieexperte. Er zielte damit auch auf die unterschiedlichen Auffassungen von Grünen und CDU bei den Abstandsregelungen. Die CDU habe 1000 Meter im Parteiprogramm stehen, die Grünen seien für 700 Meter. Letztendlich müssten die Planungsträger vor Ort über die Grenzen entscheiden.

Akzeptanz für die Windkraft entstehe nicht durch Abstandsregelungen, sagte Jutta Niemann (Grüne). Der Ausbau der Windkraft müsse fortgesetzt werden, um die Klimaziele bis 2020 zu erreichen. 2016 seien 120 neue Räder in Betrieb gegangen, damit verfüge Baden-Württemberg über 563 Anlagen. Der Ausbau müsse forciert werden, denn „im jetzigen Tempo brauchen wir 100 Jahre, um nur noch saubere Energie zu erzeugen“.

Auch die SPD ist für den Ausbau der Windenergie. Grün-Rot habe dafür die Weichen gestellt, reklamierte Gernot Gruber (SPD) auch den Anteil seiner Fraktion an der Energiewende. Energie sparen, effizienter nutzen sowie Energie erzeugen und speichern seien die Themen der Zukunft.

„Der Blackout wird kommen“

Die AfD befürchtet, dass die Stromversorgung in Baden-Württemberg unzuverlässig werden könnte. Die Ziele würden nicht erreicht werden, solange die Speicher fehlen, sagte Klaus-Günther Voigtmann (AfD). „Der Blackout wird kommen“, prophezeite er. Er kritisierte, dass die konventionellen Kraftwerke „stiefmütterlich behandelt“ werden, weshalb die Sparte „stark am Eruieren“ sei. Aus seiner Sicht stehen die Kosten für die Windkraft nicht im Verhältnis zum Ergebnis.

Für Andreas Glück (FDP) ist es ein Rätsel, warum das windärmste Bundesland auf Windkraft setzt. Damit werde die „Natur verschandelt“, die Anlagen stünden oft still. Windkraft sei nicht die Kernkompetenz von Baden-Württemberg, deshalb schlug er vor, die Speicher- und Energieforschung im Land anzukurbeln. Er kritisierte das Umweltministerium, das Genehmigungen im „Hauruck-Verfahren“ erteile, und nun von Gerichten zurückgepfiffen werde. Durch den Ausbau der Windkraft dürfe es nicht zu einem Naturschutzrecht light in Baden-Württemberg kommen.


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