Stuttgart. „Gleiche Chancen durch konkretes Handeln! Reden allein bringt die Frauenpolitik nicht voran.“ Diesen Titel trug aktuelle Debatte im Landtag am Mittwoch anlässlich des Gleichstellungsberichtes der Landesregierung.
Die Grünen Abgeordnete Brigitte Lösch, ging gleich zu Beginn ihrer Rede zum Angriff über. Der Gleichstellungsatlas lege die Fakten zur gesellschaftlichen Gleichstellung auf den Tisch – und besonders gravierend sei die Ungerechtigkeit am Indikator Partizipation festzumachen. „Das sieht in Baden-Württemberg miserabel aus“, so Lösch. Mit 27,1 Prozent habe Tübingen den höchsten Frauenanteil in einem Kreistag. Im Landkreis Freudenstadt säßen gerade einmal 2,3 Prozent Frauen. Erfreulicherweise habe sich die grün-rote Landesregierung dem Thema aber angenommen und im Kommunalwahlgesetz verankert, dass Frauen gleichermaßen wie Männer auf den Wahllisten der Parteien und Wählervereinigungen berücksichtigt werden sollen. Das sei immerhin ein guter Anfang, meint Lösch, die eigentlich eine verbindlichere Regelung befürwortet hatte.
Die CDU hingegen hätte das Jahr 2012 zwar zum Jahr der Frauen gemacht und verspreche „Frauen in den Fokus“ rücken zu wollen – beweise aber beispielsweise durch ihren Umgang mit der Kandidatur von Brigitte Schäuble als CDU Bezirksvorsitzende in Nordbaden, dass sie ihren eigenen Reden nicht folgen kann. Von manchen Vertretern der Partei wäre die Kandidatur von Schäuble als Majestätsbeleidigung gegen Peter Hauk aufgefasst worden, meint Lösch und verweist abschließend auf die Abgeordnete Katrin Schütz, die gegenüber der Presse davon gesprochen hatte, in der CDU haben man eine historische Chance verpasst, eine Frau zur Bezirksvorsitzenden zu wählen.
Die CDU Fraktion ließ diesen Angriff nicht auf sich sitzen. „Sie instrumentalisieren die Frauen für ihre parteipolitischen Zwecke“, sagte Friedlinde Gurr-Hirsch, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion. Stolz verwies Gurr-Hirsch auf die Erfolge der Frauen in ihrer Partei, denen es gelungen ist beispielsweise das Ehegattensplitting um das Familiensplitting zu erweitern sowie Rentenansprüche für Mütter im Wahlprogramm zu berücksichtigen. Hingegen bliebe die Landesregierung hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück. Die wichtigen Posten in den Ministerien – vom Pressesprecher über die Zentralstellenleiter bis hin zu den Ministerialdirektoren – seien überwiegend mit Männern besetzt. Erst gestern sei die Ministerialdirektorin des Kultusministeriums Margret Ruep durch einen männlichen Nachfolger ersetzt worden.
Sabine Wölfle, frauenpolitische Sprecherin der SPD Fraktion sagte, dass sie eigentlich bei vorhergegangen Debatten immer den Eindruck hatte, dass sich alle Fraktionen einig seien, dass gegen die politische Unterrepräsentanz von Frauen vorgegangen werden müsse. Allerdings habe die CDU bei der Aufstellung ihrer Europaliste nun gezeigt, welchen Stellenwert sie den Frauen hier einräumt. Die erste Frau rangiere auf Platz fünf – die nächste erst auf einem nicht mehr aussichtsreichen Platz. „SPD und Grüne haben aber ihre Hausaufgaben gemacht und stellten ihre Wahllisten innerparteilich quotiert auf“, sagte sie.
Der frauenpolitische Sprecher der FDP, Jochen Haußmann, sagte, auch die Landesregierung rede mehr als dass sie handle. Gleichzeitig warnte er sie davor, der Wirtschaft Vorschriften machen zu wollen, was die Einstellungspraxis angehe. Haußmann stellte heraus, dass die Freien Wählervereinigungen bei den letzten Kommunalwahlen überdurchschnittlich viele Frauen auf ihren Wahlvorschlägen gehabt hätten – ungefähr 24 Prozent: „Das ging ganz ohne Vorschriften.“
Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD), aus deren Haus der Gleichstellungsatlas stammt, verwies auf die gleichstellungspolitische Erfolge der Landesregierung. Die Landesregierung habe sich zum Beispiel mit einer Bundesratsinitiative für einen Entgeldbericht eingesetzt. Anhand diesem könne die geschlechtsspezifische Lohnlücke, die in Baden-Württemberg besonders groß sei, offen gelegt werden. Auch sie gestand, dass sie sich beim Kommunalwahlgesetz verbindlichere Regelungen gewünscht hätte. Allerdings stehe es den Parteien ja frei, sich selbst strengere Quotenregelungen zu geben.