Opposition kritisiert Polizeigesetz

15.11.2017 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. Ein Signal nach Berlin wollte Innenminister Thomas Strobl (CDU) senden: dass die Jamaika-Konstellation in Baden-Württemberg bei einem seiner zentralen Gesetzesvorhaben funktioniert. Die FDP-Fraktion allerdings verweigerte dem neuen Polizeigesetz und dem Einsatz von Staatstrojanern an diesem Mittwoch im Landtag die Zustimmung. Von Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke ist bekannt, dass er eine Koalition aus Union, FDP und Grünen auf Bundesebene ablehnt. Und in der Sache beklagte der frühere Justizminister Ulrich Goll, dass weiterhin verfassungsrechtliche Risiken in Kauf genommen würden: Die FDP-Fraktion sei nicht bereit, „politische Verantwortung für alle Teile des Gesetzes zu übernehmen.“

Um eine Woche hatte der Landtag die Verabschiedung der neuen Regelungen im Kampf gegen den Terror, aber auch gegen die Organisierte Kriminalität oder sonstige schwere Verbrechen verschoben. Während der Innenminister jede Veränderung abgelehnt hatte, setzten die Regierungsfraktionen gemeinsam veränderte Eingriffsschwellen durch. Ein Einsatz wird danach nur dann möglich, wenn „wesentliche Infrastruktureinrichtungen oder sonstige Anlagen mit unmittelbarer Bedeutung für das Gemeinwesen“ betroffen sind. Strobl wollte die Formulierung „Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhalt im öffentlichen Interesse liegt“ durchsetzen. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Thomas Blenke griff den Minister sogar offen, wenn auch ohne Namensnennung an. Strobl hatte in Aussicht gestellt, das schärfste Gesetz in der Bundesrepublik vorzulegen. „Wir wollen nicht das schärfste“, sagte Blenke, „wir wollen das beste.“

CDU und Grüne betonen gute Zusammenarbeit

Blenke und der Grünen-Fraktionsvize Hans-Ulrich Sckerl betonten die gute Zusammenarbeit der Regierungsfraktionen. Man habe „keinen einfachen Weg zurückgelegt“, so Sckerl, denn für die CDU spielten „die Stärkung der Sicherheitskräfte eine wesentliche Rolle und für die Grünen die Bürgerechte eine wesentliche Rolle“. Beide hätten sich aber mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten „gut ergänzt". Blenke erinnerte daran, dass Strobl ursprünglich für eine möglichst breite Unterstützung geworben habe. Die FDP sei aber aus „irgendwelchen übergeordneten Gründen zurückgepfiffen worden“.

Einen Zusammenhang mit den Berliner Sondierungsgesprächen mochte Goll nicht sehen: „Wir als FDP forderten in der Vergangenheit immer wieder Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit.“ Wie die Anhörung der Gesetzentwürfe gezeigt habe, „sind diese aber an mehreren Stellen wahrscheinlich verfassungswidrig“. Die FDP habe der Regierung schon vor der Anhörung einen Katalog übergeben, „der auch diese Kritikpunkte als den für uns für eine Zustimmung erforderlichen Änderungsbedarf enthielt“.

Regelungen entsprechen nicht Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts

Vor allem Regelungen zur Datenübermittlung vom Verfassungsschutz an andere Behörden entsprächen nicht den strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, so Goll. Denn das Bundesverfassungsgericht betone immer wieder, „dass der Austausch von Daten zwischen den Nachrichtendiensten und Polizeibehörden die Ausnahme sein muss, er nur im Falle eines herausragenden öffentlichen Interesses erfolgen darf“. Zudem habe sich seine Fraktion „ein ausdrückliches Verbot der Onlinedurchsuchung gewünscht“ und der Innenminister selbst habe erläutert, dass das Gesetz substanziell nicht verändert worden sei. Diese Aussage nannte Goll „verhängnisvoll“, und er sprach Strobl direkt an: „Lieber Herr Innenminister, es sollte Ihr Gesetz sein und es wird Ihr Gesetz sein.“

Die SPD-Fraktion sah 95 Prozent ihrer Änderungsanträge erfüllt. Auch ihr innenpolitischer Sprecher Sascha Binder kritisierte aber das Vorgehen des Innenministers, der keinen zustimmungsfähigen Gesetzentwurf vorgelegt habe. Es bringe nichts, Veränderungen an der Schwelle zur Verfassungswidrigkeit vorzulegen, vor allem auch nicht für die ermittelnden Beamten, die mit großer Wahrscheinlichkeit von Gerichten wieder kassiert würden. Für die AfD kritisierte auch Lars Patrick Berg die Eingriffe in Grundrechte. Seine Fraktion enthielt sich bei der Verabschiedung des Gesetzes.

Strobl kommentierte die Verhandlungen der vergangenen Tage mit dem Satz „Ende gut, alles gut“. Für ihn sei es ein „ganz normaler Vorgang, dass während des parlamentarischen Verfahrens Optimierung und Konkretisierung stattfinden“. Während Abgeordnete aus den Regierungsfraktionen beklagten, dass der Minister zu inhaltlichen Gesprächen über das Polizeigesetz von Anfang an nicht zur Verfügung gestanden habe, erklärte er selbst, alle Details seien mit dem Innenminister „engstens“ abgestimmt gewesen. Das Land bekomme jetzt eines der besten und modernsten Polizeigesetz der Republik: „Das ist ein guter Tag für Baden-Württemberg.“


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Titelbild Staatsanzeiger