Stuttgart. Gemeinschaftsschule und Realschule waren die Themen am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Landtag. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) kündigte dabei die Stärkung der Realschulen an. Beginnend mit dem Schuljahr 2017/18 soll diese Schulart schrittweise bis zum Schuljahr 2020/21 zusätzlich 20 Poolstunden erhalten. 10 Poolstunden stehen den Realschulen direkt zur Verfügung, 10 Poolstunden können von den Staatlichen Schulämtern vor Ort eingesetzt werden. Zudem kann dort der Hauptschulabschluss erworben werden.
Außerdem kündigte die Kultusministerin Änderungen bei den Fortbildungen für Lehrer an. Nachgedacht werde über die Einführung einer Fortbildungspflicht in bestimmten Bereichen sowie Fortbildungen in den unterrichtsfreien Zeiten. Ob künftig in den Ferien auch verpflichtende Fortbildungen stattfinden, sei noch nicht entschieden, sagte Eisenmann. Den Eltern sei jedoch nicht vermittelbar, wenn nach einer Ferienphase der Schulunterricht mit einem pädagogischen Tag beginne.
Zu Beginn der Regierungsbefragung hatte der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei die Ministerin mit ihren vom „Südkurier“ zitierten Aussagen vom CDU-Bezirksparteitag in Bräunlingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) konfrontiert. Dort soll sie die Entwicklung der Gemeinschaftsschulen als „beliebiges Sammelbecken für alle“ und den Wegfall der Grundschulempfehlung als einen gravierenden Fehler bezeichnet haben. Auch das von Grün-Rot favorisierte „Zwei-Säulen-Modell“ habe ausgedient. Außerdem könne es nicht sein, dass sich Schulklassen nach den Schwächsten orientieren, vielmehr müsste dafür gesorgt werden, die Schwachen dort stark zu machen, wo sie Probleme haben, wird die Ministerin in der Zeitung zitiert.
Eisenmann stellte klar, dass sie „definitiv nicht“ die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung wolle und das Wort „beliebig“ nicht gefallen sei. Klar sei auch, dass die Landesregierung – neben den 299 bestehenden Gemeinschaftsschulen im Land - weitere Anträge auf Gemeinschaftsschulen, sofern sie die Grundlagen erfüllen, genehmigt würden. „Das ist ein umfängliches Bekenntnis zu den Gemeinschaftsschulen“, sagte die Ministerin. Dies könne sie gerne täglich oder stündlich wiederholen. Außerdem liege es ihr am Herzen, dass „alle Schularten, die es in Baden-Württemberg gibt, gleichermaßen fair und konstruktiv begleitend behandelt werden“. Grün-Schwarz sei es wichtig, alle Schularten gleich zu behandeln.
Eisenmann bekannte sich zur Hinführung zu allen Abschlüssen auf allen Niveaustufen und zu integrativem Unterricht im gebundenen Ganztag. Künftig werde die äußere Differenzierung ab Klasse 8 zugelassen, und zwar in den Fächern Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen und Naturwissenschaften. Dies sei Wunsch der Eltern gewesen. Bei den Gemeinschaftsschulen würde es „keinerlei Ressourcenveränderungen“ geben; diese Schulart werde konstruktiv begleitet. Gemeinschaftsschulen seien eine wichtige, zentrale Säule.
Zum „Zwei-Säulen-System“ zitierte die Ministerin den Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne), wonach dieses – Gymnasium und Gemeinschaftsschule - momentan „nicht mehr die verfolgte Grundlage“ sei. Grün-Schwarz habe sich vielmehr auf Verlässlichkeit und die vorhandene Basis verständigt. Schularten würden weder fusioniert noch verändert.
Nach Angaben der Kultusministerin wird in ihrem Ministerium derzeit an Übergängen von den Gemeinschaftsschulen in allgemeinbildende Schulen und beruflichen Gymnasien gearbeitet, denn 2017 wird es die ersten Abschlussjahrgänge in den neunten Klassen der Gemeinschaftsschulen geben. Anfang kommenden Jahres sollen die Möglichkeiten vorliegen.
Mit Heterogenität hätten aber nicht nur die Gemeinschaftsschulen zu kämpfen, sondern auch die Realschule, berichtete Eisenmann. Deshalb könnten die Realschulen künftig separate Klassen oder Gruppen bilden, um gezielt Schüler zu unterstützen und zu fördern. Die geplanten Poolstunden würden die Realschulen stärken, die „ein ganz bewährter und zentraler Baustein“ des Bildungssystems seien. „Wo Realschule drauf steht, ist auch künftig Realschule drin“, sagte die CDU-Politikerin. Unterrichten auf Realschulniveau sei die Grundlage, auch in der Orientierungsstufe der Klassen 5 und 6, wo es keine Sitzenbleiber mehr gibt. Das Angebot, dort auch einen Hauptschulabschluss erwerben zu können, sei wichtig, damit kein Schüler verloren gehe. Durchlässigkeit zwischen den Schularten sei ebenfalls möglich.