Stuttgart. Nach der ersten Beratung des Dritten Gesetzes zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften hat der Landtag den Entwurf an den zuständigen Ausschuss verwiesen. In einer aktuellen Debatte hatten Vertreter der Opposition Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) kritisiert und Nachbesserungen des ihrer Meinung nach wirtschaftsfeindlichen Gesetzesentwurfs gefordert. Grün-Rot betonte hingegen, mit dem geplanten Gesetz erhielten die Hochschulen größere Freiheit.
Mit dem neuen Hochschulgesetz „wollen wir unseren Hochschulen Freiheit gewähren, kreativ und innovativ zu sein“, erklärte Wissenschaftsministerin Bauer. Da der Wettbewerb um kluge Köpfe immer schärfer werde, sei die beste Vorsorge für die Zukunft, die Hochschulen zu stärken. Ziel der Landesregierung sei es daher, beste Bedingungen für Studium und Wissenschaft zu schaffen.
„Die Vorgängerregierung hat es sich da einfacher gemacht und so getan, als wären Hochschulen Unternehmen“, sagte die Ministerin. „Das Leitbild der unternehmerischen Hochschule wurde so nie angenommen.“. Bauer betonte, dass Hochschulen wertvoll seien, gerade weil sie anders als Unternehmen entscheiden könnten. Sie wies auf das umfangreiche Beteiligungsverfahren hin, welches im Vorfeld stattgefunden habe, bevor sie die Eckpunkte des Gesetzesentwurfs vorstellte.
Sabine Kurtz (CDU) kritisierte den Gesetzesentwurf. Ein solches Gesetz sei „völlig überflüssig“, notwendige Anpassungen der Hochschulen an geänderte Rahmenbedingungen ließen sich auch unterhalb eines Gesetzes regeln. Kurtz warf der Regierung vor, sie sei nicht bereit, für ihr Vorhaben die entsprechenden finanziellen Mittel bereit zu stellen. „Das kriegen Sie nie kostenneutral hin“, sagte sie an die Ministerin gewandt.
Auch mit den geplanten Strukturänderungen, beispielsweise der „Perspektivenvielfalt“ im Hochschulrat, ist die CDU-Politikerin nicht einverstanden: „Sie entmachten den Hochschulrat.“ Kurtz sieht in dem geplanten Gesetz Wirtschaftsfeindlichkeit: „Wirtschaftliches Denken ist Ihnen fremd“, kritisierte sie und betonte, die Wirtschaft trage zum Erfolg der Hochschulen bei. Eine Zusammenarbeit zwischen beiden sei schon deshalb notwendig, weil die Unternehmen die Absolventen der Hochschulen abnähmen. Auch die Experimentierklausel sei nur an das Gesetz „rangeklebt“, aber nicht gründlich durchdacht worden. „Es gibt noch einiges zu tun“, so das Fazit der CDU-Politikerin.
Kai Schmidt-Eisenlohr von den Grünen wies die Kritik zurück. „Das ist schier absurd, was Sie gebracht haben“, wandte er sich an seine Vorrednerin. Die Regierung sei sich sehr wohl der Verantwortung für das Land und dessen gewachsene Hochschullandschaft bewusst. Ziel sei es, diese Landschaft „zu erhalten, zu pflegen, in Maßen zu düngen und an neue Gegebenheiten anzupassen.“ Ein radikaler Umsturz bestehender Strukturen sei nicht geplant. Vielmehr sorge das Gesetz für mehr Transparenz und einen offenen Diskurs vor Ort, weswegen er den Vorwurf der Wirtschaftsfeindlichkeit nicht verstehe.
Schmidt-Eisenlohr betonte, dass derartige Kritik von den Hochschulen nie gekommen sei. In Bezug auf die Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) erklärte der Grünen-Politiker, es dürfe keine Forschung zweiter Klasse geben. Auch mit der Experimentierklausel sei die Promotion an einer HAW lediglich eine Möglichkeit innerhalb eines engen Rahmens. „Wir werden Baden-Württemberg mit dieser Novelle nach vorne bringen“, zeigte sich Schmidt-Eisenlohr überzeugt.
Auch Martin Rivoir von der SPD verteidigte den Entwurf. Diese Änderungen seien der richtige Weg für die Weiterentwicklung der Hochschulen. Er trat den Befürchtungen einer Entmachtung des Hochschulrats entgegen: „Die Hochschulräte haben auch in Zukunft Mitspracherecht und Entscheidungsbefugnis.“ Der SPD-Politiker lobte, dass das neue Gesetz keinerlei verpflichtende Gebühren vorsieht. Gute Bildung dürfe nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, erklärte Rivoir.
Der wissenschaftspolitische Sprecher der FDP, Friedrich Bullinger, vertrat die Auffassung, dass die Pläne der Landesregierung dem Wissenschafts- und Hochschulstandort Baden-Württemberg schaden. Statt der versprochenen Freiheit würde den Hochschulen vorgeschrieben, was gut für sie sei. „Wie ein grüner Faden zieht sich der ausgeprägte Hang zur Bevormundung und Besserwisserei durch den Gesetzentwurf“, so Bullinger. Auch er wies auf die Bedeutung der Kooperationen zwischen der Wirtschaft und den Hochschulen hin, die vor allem deshalb so erfolgreich gewesen seien, weil sich die Politik nicht eingemischt habe. Die Pläne des Wissenschaftsministeriums bedürften gründlicher Überarbeitung, sagte der FDP-Politiker.