Sondersitzung des Landtags zu Corona-Beswchlüssen: Kritik von Opposition

26.11.2020 
Redaktion
 

Foto: Praecker

STUTTGART. Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen hat der Landtag die neuen Corona-Beschlüsse der Kanzlerinnen-Runde vom Mittwoch als „wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer deutschlandweiten einheitlichen Eindämmung der Pandemie nach einheitlichen Maßstäben“ bewertet.

Außerdem wurde „der Aufrechterhaltung des Betriebs sowie Kinderbetreuungseinrichtungen und so weit wie möglich dem Wirtschaftsleben oberste Priorität“ eingeräumt sowie ein Prüfauftrag erteilt: Im Einklang mit den Kirchen sei zu klären, ob und wie „eine risikoarme Feier der Weihnachtsfeiertage“ zu ermöglichen sei.

Kretschmann: Nicht mit der schnellen Anstieg der Zahlen gerechnet

Zum dritten Mal informierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) das Parlament direkt über die gefassten Beschlüsse, die die Landesregierung bis zum Wochenende in Verordnungen gießen will. Erneut räumte er ein, nicht mit dem schnellen Anstieg der Zahlen im Herbst gerechnet zu haben. Zugleich wollte er den Vorwurf von SPD und FDP aber nicht gelten lassen, zu wenig vorausschauend zu handeln: „Es ist nicht möglich, sich im April zu treffen und einen Plan bis zum Jahresende zu machen."

Der Regierungschef erinnerte auch daran, dass Innenminister Thomas Strobl (CDU) schon früh einen schärferen Lockdown ins Gespräch gebracht hatte. „Das war nicht abwegig und wäre eine klare Alternative gewesen“, so Kretschmann weiter. Ob die, „wäre sie umgesetzt worden, vor dem Parlament, vor den Gerichten und der Bevölkerung Stand gehalten hätte", sei aber eine ganz andere Frage. Es habe angesichts der äußerst dynamischen Entwicklung der Pandemie „wenig Sinn, hier herumzuräsonieren“.

Stoch: Regierung soll endlich in den Krisenmodus wechseln

Zuvor hatte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch es „falsch und hochmütig“ genannt, dass Kretschmann Sinn und Zweck der neuen Maßnahmen nicht im Landtag, sondern „in der Landespressekonferenz“ erläutert habe. Und „heute will uns die Landesregierung Informationen präsentieren, die in den wesentlichen Teilen schon seit Montag in den Nachrichten laufen“. Allerdings hatte Stoch selbst in der vergangenen Woche darauf verzichtet, sich für eine Sondersitzung des Landtags vor den Beratungen der Regierungschefs aus Bund und Ländern stark zu machen. Grundsätzlich verlangte Stoch von der Landesregierung, endlich in den Krisenmodus zu wechseln und Handlungs- wie und Entscheidungsfreude zu zeigen.

„Wir haben dieser Koalition seit ihrem Antritt vorgeworfen, dass sie eine Regierung des Stillstands ist, des Vor-sich-hin-Verwaltens auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner“, so Stoch, „wir haben haben oft darüber geschimpft, dass sich zu viele Ministerinnen und Minister nur in der Rolle winkender Strahlemänner gefallen, die angenehme Schaufenstertermine absolvieren.“ Und jetzt in der Pandemie zeige sich überdeutlich, „diese Regierung handelt nicht, und es kommt letztlich aufs Gleiche raus, ob sie nicht handeln will oder gar nicht handeln kann“.

FDP spricht von Schrotflintenpolitik

Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach von einer „Schrotflintenpolitik“:  „Man schießt ins Blaue und hofft, damit irgendwie Infektionsherde zu treffen." Führende Virologen hätten die pauschale Maßnahmen zur Kontaktreduktion als nicht angemessen eingeordnet, und das gelte „insbesondere für die Lieblingsgegner der Ministerpräsidenten: Gastronomie, Sport und Kultur“. Kretschmann wollte diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen. Er höre immer, wo keine Ansteckungen stattfänden, frage sich dann aber, wie es zu solchen Infektionszahlen kommen könne.

Für die CDU bezeichnete Fraktionschef Wolfgang Reinhart die Sondersitzung als Ringen um das" rechte Maß von Freiheit und Gesundheitsschutz“. Alle seien auf der Suche nach mehr Wissen. Man sei gemeinsam allerdings noch immer auf einem Hochplateau unterwegs. „Die Welle ist noch nicht gebrochen“, so Reinhart, „aber sie türmt sich zumindest nicht noch weiter auf.“

AfD: Beschlüsse werfen mehr Fragen auf

Sein Grünen-Kollege Andreas Schwarz verteidigte die Beschränkungen, die immer einen Spagat erforderten: „Auf der einen Seite ist klar, dass die persönliche Lebensgestaltung auch in der Pandemie ihren Raum finden muss, und auf der anderen Seite sind harte Kontakteinschränkungen epidemiologisch unbedingt geboten.“

Anton Baron (AfD) monierte, dass die Beschlüsse von Mittwoch mehr Fragen als Antworten aufwerfen, etwa zu den bis 800 Quadratmeter: „Wird das Ordnungsamt, das normalerweise Strafzettel verteilt, zusätzliche Personen an den Eingang stellen, um die Kunden zu zählen?“ Kretschmann sprach der AfD grundsätzlich die Fähigkeit ab, ernsthaft über die Pandemiebekämpfung mitzudiskutieren. Denn: „Hätte die Menschheit so reagiert wie die AfD, dann hätten wir noch immer die Pest.“


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