Stuttgart. Die Abgeordneten stimmten am Donnerstag dem Einzelplan zum Haushalt des Justizministeriums mehrheitlich zu. Zwei Änderungsanträge und ein Entschließungsantrag der CDU wurden abgelehnt. Dem Entschließungsantrag der Grünen stimmten die Abgeordneten einhellig zu. Darin hatte die Fraktion gefordert, neben der geplanten Erarbeitung von Leitlinien für den Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen auch die rechtlichen, organisatorischen, finanziellen und personellen Rahmenbedingungen des Justizvollzugs zu überprüfen.
In dem Haushaltsplan wurden die Einnahmen des Justizministeriums für das Jahr 2015 auf 803 Euro beziffert. Demgegenüber stünden Ausgaben von rund 1,62 Milliarden Euro. Somit ergebe sich ein Zuschussbedarf von 816 Millionen Euro im Jahr 2015 und 827 Millionen im Jahr 2016.
Die Opposition nutzte die Haushaltsdebatte, um Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) erneut wegen der Ereignisse der vergangenen Monaten zu kritisieren. Im August war es in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim zu einer Massenschlägerei mit rund 50 Häftlingen gekommen, bei der sechs Beamte verletzt wurden. Ebenfalls im August war ein junger Mann in Einzelhaft in der JVA Bruchsal verhungert.
Bernd Hitzler (CDU) sprach in diesem Zusammenhang von einer „schwarzen Serie der Justiz in Baden-Württemberg“ und warf Stickelberger vor, nicht schnell genug gehandelt zu haben. Die Vorfälle hätten unter anderem mit einer allgemein schlechten Stimmung in der Justiz des Landes zu tun. Diese wiederum sei auch auf den Haushalt zurückzuführen, etwa auf die Kürzung der Eingangsbesoldung und niedrige Gehälter für Richter. Er verwies auf die Änderungsanträge der CDU, in denen die Fraktion unter anderem mehr Geld für eine Organisationuntersuchung zur Besserung der Kontrollsysteme in JVAs, eine Sonderzulage für den allgemeinen Vollzugsdienst und bessere Dienst- und Schutzkleidung für Vollzugsbeamte forderte.
Die Vorwürfe gegenüber dem Justizminister entsprächen nicht der Realität, sagte Jürgen Filius (Grüne). Dieser habe hervorragende Arbeit geleistet. In Bezug auf den Haushaltsplan lobte Filius die Einigung auf eine Stundungslösung. Durch diese kann der Justizminister die auferlegten Einsparverpflichtungen für die Schuldenbremse aufschieben, bis diese im Jahr 2018 im Zuge der geplanten Notariatsreform umgesetzt werden können. Bei dieser sollen alle staatlichen Notariate aufgelöst und die dort bisher bestehenden gerichtlichen Zuständigkeiten auf die Amtsgerichte übergehen. Dabei sollen auch Notariatsstellen abgebaut werden.
Auch Sascha Binder (SPD) sprach Stickelberger sein vollstes Vertrauen aus. Er sehe ein „gesamtgesellschaftlichen Problem der Respektlosigkeit von Häftlingen gegenüber Beamten“. Auf dieses Problem gelte es Antworten zu finden, und die habe der Justizminister. So stelle er etwa mehr Geld für die Supervision in JVAs zur Verfügung, damit jeder einzelne Häftling genau betrachtet werden könne. Außerdem stelle er sich den Herausforderungen der Digitalisierung.
Als ordentlichen Vorschlag lobte Ulrich Goll (FDP) den Haushaltsplan des Justizministers. Er stehe in der Tradition schlanker Justizhaushaltspläne. Das Problem sei, dass die anderen Haushalte nicht schlank geblieben sind, sagte Goll. Das führe zu einer schlechten Stimmung in der Justiz. „Wir fordern keine großen Sprünge mit leerem Beutel“, sagte Goll. Dennoch sollte es punktuelle Verbesserungen geben, etwa im Bereich des Strafvollzugs.
Justizminister Stickelberger erinnerte an den großen Umbruch, den die Justiz im Land derzeit erlebe. Neben der Notariatsreform sei die Einführung der elektronischen Akte geplant. Am Montag tage zudem erstmals eine Expertenkommission, die klären soll, wie man mit psychisch auffälligen Straftätern im Justizvollzug umgehen soll. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehe ganz oben auf der Agenda. „Der vorgeschlagene Haushalt liefert eine gute Grundlage, um diese Reformen umzusetzen“, sagte Stickelberger.