Stuttgart. Baden-Württemberg will sein Landeskrankenhausgesetz aktualisieren und optimieren. Dies kündigte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) am Mittwoch bei der Einbringung des Gesetzentwurfs im Landtag an. Gleichzeitig will das Land zur Wahrung seiner Planungshoheit von einer zugelassenen Ausschlussmöglichkeit Gebrauch machen: Somit werden die Empfehlungen des gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nicht automatisch Bestandteil des baden-württembergischen Krankenhausplans. „Die Ausschlussmöglichkeit wollen und müssen wir machen“, erklärte Lucha und begründete dies damit, dass „die Krankenhausplanung ureigene Aufgabe“ des Landes sei.
Die GBA-Empfehlungen würden „erheblich“ in die Planungshoheit des Landes eingreifen. „Qualität ist für uns zentral in der Krankenhaus-Planung“, konstatierte der Minister. Und: „Mit unserer langjährigen Erfahrung und Kenntnis vor Ort können wir am besten entscheiden.“ Experimente bei stationärer Behandlung werde er nicht zulassen. Ziel sei auch, medizinische Versorgungslücken weiter zu schließen. Der GBA versuche, Kriterien zu entwickeln; diese müssten aber auch für die Situation in der Fläche relevant sein.
Mit dem Gesetzentwurf setzt Grün-Schwarz auch eine Regelung zu den Transplantationsbeauftragten um. Durch das Transplantationsgesetz vom 1.8.2012 wurde den Ländern übertragen, alles Weitere, insbesondere zu den erforderlichen Qualifikationen und organisatorischen Stellung sowie deren Freistellung von ihren sonstigen Tätigkeiten im Entnahmekrankenhaus, zu bestimmen. Die Entnahme von Organen in den 120 Entnahme-Krankenhäusern im Südwesten müsse als Landesaufgabe gewährleistet sein, sagte Lucha.
Petra Krebs (Grüne) bedauerte, dass „viel zu wenige Menschen“ für eine Organspende zur Verfügung stünden. Es dürfe kein lebensrettendes Organ mehr verloren gehen, sagte die ausgebildete Krankenschwester. Auch sie begrüßte es, dass das Land von der Ausschlussmöglichkeit Gebrauch macht. „Wir legen großen Wert auf Qualität.“ Deshalb könne man „nicht automatisch und ungeprüft“ die GBA-Empfehlungen übernehmen. Vielmehr müsse geprüft werden, was für Baden-Württemberg „sinnvoll ist“. Krebs sprach sich für die Regelung des Personalschlüssels aus, denn „Personal ist das Wichtigste im Krankenhaus und in der Pflege“.
Die 260 Krankenhäuser in Baden-Württemberg mit ihren 150 000 Beschäftigten seien unverzichtbar, stellte Stefan Teufel (CDU) fest. Die Krankenhäuser müssten weiter gestärkt und die Zahl der Pflegekräfte erhöht werden. Deshalb fordere die CDU-Fraktion auch die Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze im Land. Auch Teufel begrüßte es, dass nach dem Gesetzentwurf das Land die speziellen Strukturen berücksichtigen könne. Zur Organspende sagte er, diese sei „im Sinkflug“ und mit nur 800 Transplantationen auf einem „neuen Tiefpunkt“. Dabei würden 10 000 Menschen auf ein Organ warten.
Christina Baum (AfD) sieht durchaus positive Aspekte in der Novelle, diese sei aber kein Konzept für die Zukunft. Das Land müsse im Krankenhauswesen selbst bestimmen, die Krankenhäuser dürften nicht durch Vorgaben belastet werden. Ärzte und Pflegen seien heute schon höher belastet als zumutbar. Deren Leistungen dürften nicht entwertet oder wegrationalisiert werden. Gerade mehr Dokumentationspflichten würden mehr Bürokratie bringen. Baum sagte, die Organspende müsse selbstbestimmt bleiben. Kritisch sieht sie das uneingeschränkte Zugangsrecht des Transplantationsbeauftragten; damit übergehe man den Chefarzt. Aus Sicht der AfD-Abgeordneten ist eine „deutlich bessere Finanzierung notwendig“, denn das Krankenhaus-System im Land sei „chronisch unterfinanziert“.
Rainer Hinderer (SPD) kündigte an, seine Fraktion werden bei der weiteren Beratung im Sozialausschuss Änderungen vorschlagen. Die Novelle sei erforderlich, um die Ausschlussmöglichkeit des GBA zu erreichen. Auch er findet die Planungshoheit des Landes notwendig.
Der Gesetzentwurf sei wenig ambitioniert und unverbindlich, urteilte Jochen Haußmann (FDP). Die Regelung, nachdem Qualitätsvorgaben im Krankenhausplan festgelegt werden können, sei zu unbestimmt, weil sie auf freies Ermessen abziele. Qualitätskriterien müssten jedoch gestärkt werden.