Stuttgart. Bei öffentlichen Versammlungen, für Beamten, an Schulen und Hochschulen wollte die FDP die Vollverschleierung per Gesetz einschränken. Nach einer allseits gelobten Anhörung dazu hat sie nun einen abgespeckten Entwurf in den Landtag eingebracht. Auch dieser wurde von Koalition und SPD abgelehnt.
Mehrere Redner betonten die zeitweise Suche nach einer fraktionsübergreifenden Lösung für ein bedingtes Verbot der Vollverschleierung; deren Scheitern lasteten sie vor allem den Grünen an. Für diese eröffnete Thomas Poreski die Debatte. Burkas stellten in der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Landes kein Problem dar. Den FDP-Gesetzentwurf hätten die Experten in der Anhörung als rechtlich unhaltbar und handwerklich schlecht beurteilt. In der nun geänderten Fassung gehe es vorrangig um Schulen. Es sei ein komplexer Umgang mit dem Thema nötig, nicht substanzlose Symbolpolitik.
Bernhard Lassotta (CDU) lobte dagegen die FDP, weil sie die Diskussion, anders als die AfD mit dem geforderten Komplettverbot der Burka, auf eine sachliche Ebene gezogen habe. Dennoch könne die CDU auch dem geänderten Gesetzentwurf zum beschränkten Verboten der Vollverschleierung nicht zustimmen. Für öffentliche Versammlungen sei ein solches Verbot nicht verfassungsgemäß zu gestalten, für die Beamten durch eine mittlerweile angestoßene Gesetzesinitiative des Bundes überflüssig. Bei den Hochschulen hätte die CDU sich eine Handhabe für die Rektoren gewünscht, beschränkte Verbote selbst erlassen zu können. Der grüne Koalitionspartner habe es nicht gewollt, das respektiere man. Für die Schulen schließlich werde „die Koalition der Mitte“, so Lasotta, die Kraft haben, das Thema im Rahmen der Änderung des Schulgesetzes neu anzugehen.
Sascha Binder (SPD) konstatierte, unabhängig davon, wie viele Burkaträgerinnen es gebe, spiele das Thema für die Bevölkerung durchaus eine Rolle. Die Grünen hätten sich aber nach der Anhörung von Experten im Landtag der Suche einem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf verweigert.
Wenn die öffentliche Sicherheit direkte Identifizierbarkeit erfordere oder für den Austausch Mimik und Gestik unerlässlich sei: in solchen Situation dürfe das Gesicht nicht verhüllt werden, meinte Nico Weinmann (FDP). Er bedauerte, dass die Koalition die Chance versäume, die offene Kommunikation an Schulen und Hochschulen auf eine Gesetzesgrundlage zu stellen. Die Haltung der CDU sei freilich unehrlich, meinte Weinmann, wenn sie viel weitgehendere Ideen des Bundesinnenministers zur Leitkultur bejuble, Eingriffe wie den vorgeschlagenen aus Koalitonsräson ablehne.
Sozialminister Lucha (Grüne) versuchte, Schärfe aus der Debatte zu nehmen: „Die Landesregierung lehnt die Vollverschleierung gesellschafts- und integrationspolitisch ab.“ Selbst in der geänderten, „abgespeckten“ Form sei aber das FDP-Gesetz nicht zustimmungsfähig. Auch an den Hochschulen gebe es keinen konkreten Anlass dafür und folglich keinen Regelungsbedarf; das habe die Anhörung gezeigt.
Christina Baum (AfD) beanspruchte für ihre Fraktion, die Debatte überhaupt erst angestoßen zu haben. Zwar fände sie weiterhin, „einzig und allein ein vollständiges Verbot der Vollverschleierung ergibt einen Sinn“. Doch werde die AfD das Gesetz „in dieser minimalistischen Form“, wie es die FDP vorschlage, mittragen.