Stuttgart. Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) und die jugendpolitischen Sprecher alle fünf Landtagsfraktionen haben den Verlauf und die Ergebnisse des Jugendlandtags am Dienstag und Mittwoch positiv bewertet. 125 Jugendliche aus Baden-Württemberg waren als Delegierte aus 23 Jugendkonferenzen im Land mit mehr als 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Landtag zusammengekommen. „Ihr zeigt: Jugendliche finden Politik alles andere als langweilig“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei der Begrüßung. „Jugendliche und junge Erwachsene wollen sich an den politischen Entscheidungsprozessen beteiligen. Ihr macht deutlich: Was uns bewegt – darauf kommt es an.“
Aras gab den politikinteressierten Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren mit auf den Weg: „Sie müssen uns Abgeordnete mit Ihren Fragen zwiebeln und uns zeigen, was Ihnen unter den Nägeln brennt. Ohne die Beteiligung Ihrer Generation lässt sich Zukunft nicht sinnvoll gestalten.“ Nach einer Kennenlernrunde begannen die Jugendlichen ihre mitgebrachten Themen vorzustellen. Weiter ging es mit einem World Café, mehreren Workshops, Gesprächen mit Abgeordneten, einem Spitzen-Vesper. Sie lauschten der Rede des kalifornischen Gouverneurs Jerry Brown und besuchten die anschließende Landtagsdebatte. Im Anschluss an die jugendpolitische Debatte wurde ein Kommuniqué unterzeichnet.
Lucha bezeichnete den Jugendlandtag nach zweijähriger Vorbereitungszeit mit den Regionalkonferenzen als „tolle Aktion“. Er zeigte sich „sehr beeindruckt“ vom Engagement der Jugendlichen: „Den jungen Leuten gehört die Zukunft.“ Der Minister will nicht nur die Anliegen der Jugendlichen „ernst nehmen“, sondern das Format auch nutzen, um die politische Arbeit zu reflektieren. Der Jugendlandtag sei „gelebte politische Bildung“ und damit wichtig für die Demokratie. Lucha kündigte an, den Zukunftsplan Jugend in einem Masterplan Jugend auszubauen, um damit besser auf aktuelle jugendpolitische Herausforderungen reagieren zu können. Demokratie müsse gelernt werden, Mitmachen und Mitgestalten müsse an allen Orten des Aufwachsens möglich sein. Das Land sei auf einem sehr guten Weg, die politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen voranzubringen. Vielleicht seien einige künftige Abgeordnetenkollegen unter den Teilnehmern gewesen.
Thomas Poreski (Grüne) sagte, noch nie sei so viel für Jugendliche in Baden-Württemberg getan worden wie in den vergangenen Jahren. Der Jugendlandtag habe sich mit allen Politikfeldern beschäftigt; gesprochen worden sei über Mobilität, Energieversorgung, Zivilcourage, gerechtere Lebenschancen, Gestaltung von Heimat, aber auch über den Ländlichen Raum, die Sicherheit, über Demokratie und Menschenrechte. Die Jugendlichen hätten auch Vorschläge gemacht, wie ihre Beteiligung noch verbessert werden könne.
Das Interesse der Jugendlichen an Politik habe zugenommen, konstatierte Christine Neumann-Martin (CDU). Neugierde und Offenheit seien zu spüren, auch wenn sich nach einer Studie 69 Prozent der Jugendlichen von der Politik nicht verstanden fühlen und deren Entscheidungen nicht nachvollziehen können. Durch die Jugendgemeinderäte in den Kommunen und die Senkung des Wahlalters auf 16 bei Kommunalwahl sei viel getan worden. Neumann-Martin sprach sich dafür aus, die Diskussionen vor Ort in den Schulen fortzusetzen.
Stefan Herre (AfD) zeigte sich etwas irritiert, dass die Teilnehmer des Jugendlandtags vorzeitig die Debatte verließen. Allerdings herrschte auch auf der Regierungsbank zu Beginn der Aussprache gähnende Leere. Herre bemängelte, dass in den Schulen die Meinungsvielfalt nicht mehr gefördert werde. Er kritisierte die Ausstattung von Schulen, wo Unterricht „zwischen defekten Toiletten und veralteten Computern“ stattfinde. An seine Kollegen gerichtet mahnte er, dass junge Menschen für jede Fehlentscheidung der Politik in der Zukunft bezahlen müssten.
Die Jugend müsse aktiv beteiligt werden, forderte Andres Kenner (SPD). Diskussionen über Demokratie und Staat müssten wieder mehr Platz in der Bildung bekommen. Positiv bewertete er, dass alle Jugendbeauftragten der Fraktionen mit den Teilnehmern des Jugendlandtags in Verbindung bleiben wollen und in einem Jahr festgestellt werden soll, was vom Jugendlandtag übriggeblieben sei.
Von Null-Bock-Generation könne keine Rede sein, konstatierte Jürgen Keck (FDP). Die Jugendlichen hätten viele konstruktiven Ziele formuliert und konsequent von den Regionalkonferenzen bis zum Jugendlandtag mitgearbeitet.