Stuttgart. Es ist nicht alltäglich, dass Gesetze einstimmig verabschiedet werden im Landtag. Entsprechend zufrieden war Innenminister Reinhold Gall (SPD), dass dies ausgerechnet beim heiklen Vollzug der Abschiebehaft gelang. Mit den neuen Regelungen ist sein Haus ermächtigt, „die Einzelheiten zur Ausgestaltung der Abschiebungshaft durch Rechtsverordnung zu regeln“. Zudem enthält das Gesetz die für den Betrieb der Abschiebehafteinrichtungen notwendigen Änderungen des Flüchtlingsaufnahmegesetzes.
„Wir übernehmen mit der heutigen Entscheidung eine gemeinsame Verantwortung“, sagte Gall. Dafür sei ein Diskussionsprozess nötig gewesen auf Basis der Erkenntnis, dass Abschiebehaft "in unserem Land die letzte der Möglichkeiten ist". Angewendet werde sie dann, wenn alle anderen Maßnahmen nicht zum Ziel gekommen sind. Das Land richtet in der früheren Jugendstrafanstalt in Pforzheim entsprechende Plätze ein. Im Endausbau können 64 Flüchtlinge dort untergebracht werden. Der Umbau des über hundert Jahre alten Gebäudes kostet rund zwölf Millionen Euro.
Die grün-rote Landesregierung musste – unabhängig von den aktuellen Zuwanderungszahlen – aktiv werden, nachdem der Europäische Gerichtshof im Vorjahr entschieden hatte, dass Flüchtlinge in Abschiebehaft grundsätzlich von Strafgefangenen zu trennen sind. „Das war glasklar“, erklärte der Innenminister und bestand zugleich darauf, dass der Schwerpunkt der Anstrengungen weiter auf der freiwilligen Rückreise liegen müsse. „Das heißt Beratung, das heißt Hilfestellung zur Rückreise in die Herkunftsländer, das heißt in einem weiteren Schritt auch die zwangsweise Rückführung und, wenn all dies in der bisher üblichen Form nicht funktioniert, dann auch die Abschiebehaft“, sagte Gall weiter.
Auch aus der Opposition gab es Lob für die neuen Regelungen. „Nämlich dafür, dass der uralte Streit zwischen Innen- und Justizressort beigelegt wurde, wer für die Abschiebehaft zuständig ist“, erläuterte der FDP-Abgeordnete Uli Goll, der selber Justizminister war. Der EuGH habe deutlich gemacht, dass "es in die Richtung Innenressort geht“. Darum müsse die Abschiebehaftanstalt von der Vollzugsanstalt abgesetzt werden. Der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock erinnerte daran, dass Baden-Württemberg bisher auf die Kooperation mit Rheinland-Pfalz angewiesen war. „Das war ein schwieriges Miteinander mit einem Bundesland, in dem die zuständige Ministerin auf ihrer Homepage gleich im ersten Satz schreibt, dass sie die Abschiebehaft gar nicht möchte“, sagte Pröfrock.
Für die Grünen nannte Daniel Lede Abal Abschiebung eine „Ultima Ratio“. Aus humanitären, aber auch aus rechtlichen Gesichtspunkten sei es absolut notwendig, „dass alles getan wird, um Abschiebehaft zu vermeiden und andere Wege der Aufenthaltsbeendigung zu suchen“. Auf dieser Grundlage stimme auch seine Fraktion dem Konzept der Landesregierung zu und unterstütze das Projekt in Pforzheim.