Grüne und SPD verabschieden Doppelhaushalt

17.12.2014 
Redaktion
 

Stuttgart. Die Abgeordneten der Regierungsfraktionen von Grünen und SPD haben am Mittwoch im Landtag den Doppelhaushalt des Landes für die beiden kommenden Jahre verabschiedet. In dritter Lesung votierten die Fraktionen von CDU und FDP dagegen, sie stimmten lediglich dem Etat von Landtag und Rechnungshof zu.

Der Etat umfasst Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 43,902 Milliarden Euro für das Haushaltsjahr 2015 sowie 44,225 Milliarden Euro für 2016. Trotz unerwartet stark sprudelnden Steuereinnahmen macht Baden-Württemberg im kommenden Jahr 768 Millionen Euro neue Schulden. 2016, im Jahr der nächsten Landtagswahl, will Grün-Rot ohne Neuverschuldung auskommen.  

Für die Folgejahre 2017 bis 2019 planen Grüne und SPD, sollten sie dann weiterhin die Regierung stellen, erneut Schulden. Erst vom Jahr 2020 an, wenn die Grundgesetz verankerte Schuldenbremse greift, will Baden-Württemberg einen ausgeglichen Haushalt vorlegen. Der Südweststaat hat derzeit einen Schuldenberg von 45 Milliarden Euro.

Land setzt weiterhin auf starke Steuerverwaltung

Staatssekretär Ingo Rust (SPD), der Ende Januar den Landtag verlassen wird und künftig als Finanzbürgermeister der Stadt Esslingen tätig sein wird, rechtfertigte den Rekordhaushalt mit der erneuten Schuldenaufnahme im kommenden Jahr. Grün-Rot baue das strukturelle Defizit ab, beseitige nach und nach den Sanierungsstau und stärke die Einnahmen des Landes, sagte der SPD-Politiker. Er untermauerte gleichzeitig die These der Landesregierung von der „Erblast“, die von der CDU/FDP-Regierung hinterlassen worden sei. „Die Erblast hat schon unter dem CDU-Finanzminister Gerhard Stratthaus bestanden. Wir haben den Sanierungsstau nicht erfunden“, sagte Rust in Richtung der größten Oppositionsfraktion.

Der Finanz- und Wirtschafts-Staatsekretär räumte ein, dass die Landesregierung „von hohen Überschüssen“ profitiere und erklärte, man werde den Weg einer starken Steuerverwaltung „konsequent weiter gehen“.  Gegenüber 2010 wird das Land 2016 brutto 8,8 Milliarden Euro mehr einnehmen. Allerdings fließen 1,9 Milliarden Euro mehr in den kommunalen Finanzausgleich sowie 1,5 Milliarden Euro mehr als 2010 fließen in den Länderfinanzausgleich.

Außerdem habe das Land bei den Personalkosten große Überschüsse erzielt; diese brauche man aber für Tariferhöhungen, für die Unterbringung von Flüchtlingen sowie für mögliche Ausgaben aus dem Urteil des EuGH zur Altersdiskriminierung. Im  Doppelhaushalt sind rund 3,3 Milliarden Euro an Überschüssen verbucht – Kredite, aufgenommen in diesem und im vergangen Jahr, die für das Wahljahr 2016 gehamstert werden sollen. Rust kündigte an, Grün-Rot werde in künftigen Haushaltsplänen „den Vermögensverzehr abbilden“.

CDU und FDP kritisieren Haushaltspolitik von Grün-Rot

In der teilweise hitzigen Debatte hatten Abgeordnete von CDU und FDP die Haushaltspolitik von Grün-Rot noch einmal scharf kritisiert. Klaus Herrmann (CDU)  warf der Regierung vor, mit ihrer Finanzpolitik das Land „auf Jahre hinaus zu ruinieren“.  Trotz hoher Überschüsse von 1,8 und 1,5 Milliarden Euro in den beiden kommenden Jahren mache sie neue Schulden, die „nicht notwendig sind“. Er prophezeite Unterdeckungen von jeweils rund 1,5 Milliarden Euro in den Jahren 2017 bis 2019.  „Sie könnten die Kreditermächtigungen auf Null reduzieren“, sagte der CDU-Finanzexperte. Er forderte die Landesregierung gleichzeitig auf, die Mittel für die Pensionsverpflichtungen nicht zu kürzen.

Herrmann kündigte an, die CDU werde im Falle der Regierungsübernahme 2016 die Ermächtigungen für 2,3 Milliarden Euro streichen und die Beamten „nicht einseitig belasten“. Außerdem würden zusätzliche Stellen bei der Polizei geschaffen und der von Grün-Rot gestrichene Freiwillige Polizeidienst wieder eingeführt. Kosten für den Bau und die Sanierung von Straßen will die CDU direkt beim Verkehrsministerium veranschlagen.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte den „verschwendungssüchtigen“ Doppelhaushalt als „Volksbeglückungshaushalt für den Wahlkampf“, mit dem sich Grün-Rot die Wiederwahl 2016 „erkaufen“ wolle. Unseriös agiere nicht nur Finanzminister Nils Schmid (SPD), sondern auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) selbst. Gemeinsam hätten sie Baden-Württemberg in die „Abstiegszone der Schulden-Bundesliga“ geführt, in der Baden-Württemberg mit Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz das „Abstiegstrio“ bilde: „Und die Vereinsfarben bei allen Drei sind Rot und Grün“, betonte Rülke. Es sei „aberwitzig“, angesichts der Steuereinnahmen neue Schulden zu machen. Er forderte eine Infrastrukturoffensive mit einer Milliarde Euro für den Straßenbau und die den Breitband-Ausbau. Schnelles Internet sei „für Alle“ in Baden-Württemberg gefragt. Es reiche nicht, von der Industrie 4.0 zu reden. 

Grüne setzen auf Sanieren, Konsolidieren und Investieren

Muhterem Aras (Grüne) wies die Vorwürfe zurück. Grün-Rot habe das erreicht, was noch keine Landesregierung vor ihr geschafft habe. Sie nannte die „drei Haushalte ohne Schulden“ in einer Legislaturperiode, einen Finanzplan zum Erreichen der Nullverschuldung und die Reduzierung des strukturellen Defizits. Außerdem habe das Land die unter schwarz-gelb verloren gegangene Bewertung als „Triple A“ wieder gewonnen. Der Dreiklang „Sanieren – Konsolidieren – Investieren“ sei für Grün-Rot entscheidend. Der CDU warf sie ein „Wirtschaftsbild von vorgestern“ vor, die Fraktion sei „wirklichkeitsfremd“ und halte an „veralteten, verkrusteten Sichtweisen“ fest. Die Regierung investiere dagegen in Köpfe, Kinder und Kreativität.

Klaus Maier (SPD) wies darauf hin, dass der Etat gesetzeskonform noch im alten Jahr verabschiedet werde. Der Doppelhaushalt sei der Beweis dafür, dass Grün-Rot hervorragend funktioniere. Über 88 Milliarden Euro würden für ein „starkes und weltoffenes“ Baden-Württemberg bereitgestellt. Erstmals übersteige der Kultusetat die Marke von 10 Milliarden Euro. Außerdem hätten die Hochschulen eine Perspektive bis 2020. Grün-Rot sei zudem ein „guter und verlässlicher Partner“ der Kommunen.  Den Doppelhaushalt bezeichnete Maier als „solide und robust“.

Dennoch plant die Landesregierung, bereits im Frühjahr einen Nachtragshaushalt in den Landtag einzubringen. Dann sollen unter anderem die 400 gestrichenen Lehrerstellen – von ursprünglich geplanten 3570 – wieder für die Realschulen beschlossen werden.


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