Stuttgart. Die CDU-Landtagsfraktion hat am Mittwoch im Landtag den Ministerpräsidenten ins Visier genommen. Einen Tag vor den Gesprächen in Berlin, wo Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre CDU in Gesprächen mit den Grünen sondieren, ob nach der Bundestagswahl die erste schwarz-grüne Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland möglich ist, warf CDU-Fraktionschef Peter Hauk dem grünen Regierungschef scheinheiliges Verhalten vor und kritisierte Kretschmanns Haltung in der Frage von Steuererhöhungen. Der Ministerpräsident habe im Nachhinein schlau daher geredet, kritisierte Hauk in der aktuellen Debatte zum Thema „Wenn sich Grüne nicht mehr grün sind – Trittin versus Kretschmann und die Folgen für Baden-Württemberg.
„Sie haben Ja gesagt zu Steuererhöhungen“, sagte Hauk, „Aufgabe des Ministerpräsidenten wäre es aber gewesen, sich gegen Belastungen des Mittelstandes zu stellen.“ Kretschmann habe weg gesehen, weil die Landesregierung die von Steuererhöhungen erwarteten 400 Millionen Mehreinnahmen schon für die Konsolidierung des Landeshaushalts verplant habe. „Sie haben im Nachhinein schlau daher geredet“, griff Hauk den Regierungschef im Blick auf dessen Kritik nach der verlorenen Wahl am Steuererhöhungskonzept seiner Partei an. Dabei habe der Ministerpräsident beim Grünen-Bundesparteitag dafür gestimmt. Hinterher habe er den zurück getretenen Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin „oberlehrerhaft“ gemaßregelt.
Er forderte auch eine klare Aussage des Regierungschefs auf die Aussage Trittins, wonach die Landesregierung in die Steuerpläne der Grünen von Anfang an eingebunden gewesen seien. Hauk wiederholte seine Kritik an der Haushaltspolitik von Grün-Rot und der Neuverschuldung von 3,5 Milliarden Euro trotz Rekord-Steuereinnahmen. Außerdem warf er der Kretschmann-Regierung vor, durch ihre Politik für enttäuschte Schüler, Eltern und Lehrer, enttäuschte Professoren und Studenten, enttäuschte Polizisten und enttäuschte Menschen im Nordschwarzwald verantwortlich zu sein.
Für FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat Kretschmann in der Steuerpolitik undurchsichtig und unredlich agiert. „Sie waren für Trittin und seine Politik. Aber als er keinen Erfolg mehr hatte, da waren Sie plötzlich immer schon dagegen“, warf Rülke dem Regierungschef vor. Der Landtag wolle nun wissen, ob die Unterstützung für Trittins Steuerpläne in der Haushaltsplanung der Landesregierung gelte oder Distanzierung des grünen Scherbengerichts, sagte der Liberale mit Blick auf unterschiedliche Äußerungen Kretschmanns. Der Ministerpräsident zeichne das Bild des bösen Grünen Trittin und des guten Grünen Kretschmann.
Andrea Lindlohr (Grüne) wies die Angriffe zurück. Sie zeigte sich verwundert darüber, dass die CDU-Fraktion sich mit dem Innenleben einer Partei beschäftige. „Wir könnten auch über Merkel versus Seehofer oder Hauk versus Mappus diskutierten“, meinte sie in Anspielung auf innerparteiliche Querelen in der Union. Hauk hänge auch bei diesem Thema sein Fähnchen in den Wind, sagte Lindlohr. Die Grünen-Abgeordnete wunderte sich, dass die CDU einen Tag vor den Sondierungsgesprächen in Berlin dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt habe, wo doch der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl und auch Peter Hauk eine Koalition zwischen CDU und Grünen für möglich halten. Ihr sei nicht klar, ob die CDU die Grünen als „schrecklichen und zerstrittenen Haufen oder als nächsten Koalitionspartner“ sehen.
Auch Claus Schmiedel war der Sinn der Debatte nicht klar, zumal er keine Folgen für Baden-Württemberg davon erkannte. „Sie wackeln da hin und her“, warf der SPD-Fraktionschef der CDU vor. Hauk könne weder Trittin noch Kretschmann leiden, folgerte er. Dennoch würden sich auch die Grünen an die CDU ranschmeißen. „Sind wir froh, dass es die SPD gibt, wir haben klare Linie und Orientierung“, sagte Schmiedel unter dem Gelächter der Abgeordneten anderer Parteien.
Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) verteidigte Kretschmann gegen die Angriffe. Er und seine Landesregierung hätten viel erreicht, sagte Krebs und nannte als Beispiele den Atomkonsens, die frühkindliche Bildung, aber auch die Windkraft mit 14 genehmigten Anlagen und mehr als hundert Anträge im Südwesten. „Es war immer klar, dass der Spitzensteuersatz erhöht wird“, sagte die Ministerin. Sie gehe auch davon aus, dass jede „vernünftige Bundesregierung“ die Signale aus den Bundesländern zu diesem Thema vernommen habe. Die Vorwürfe, das Staatsministerium sei in Parteiprogramme der Grüne involviert gewesen, wies Krebs vehement zurück. „Es gibt keinen Skandal. Es gibt eine Regierung, die gute Ergebnisse erreicht“, kommentierte sie.