Stuttgart. „Ich wollte lediglich meinen Job machen und ich wollte diesen Job gut machen“, sagte der ehemalige Rektor der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg, der Ende 2011 in Ruhestand ging. Dies sei misslungen. Der Jurist war 35 Jahre an der Hochschule tätig gewesen, seit 2005 als Rektor. Direkt vor seinem Ruhestand hatte er noch eine entsprechende Richtlinie zur Leistungsgewährung von Professoren unterschrieben. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wirft ihm und dem damaligen Kanzler der Hochschule vor, 13 Professoren rechtswidrig Leistungsbezüge gewährt zu haben. Noch ist unklar, wann das Landgericht Stuttgart darüber entscheidet, ob ein Strafverfahren eröffnet wird.
Der ehemalige Rektor entschied sich, nicht von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, sondern vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags zur Zulagengewährung an der Verwaltungshochschule in Ludwigsburg auszusagen. Der U-Ausschuss geht der Frage nach, ob den Professoren die Zulagen zu Recht gewährt wurden. Auch soll geklärt werden, ob Rektorat und Professoren Zweifel an der Praxis hätten bekommen müssen. Die Opposition will außerdem die Rolle des Wissenschaftsministeriums aufarbeiten.
Hintergrund ist ein Wechsel von 13 Professoren aus der C- in die W-Besoldung. Die W-Besoldung ist deutlich niedriger, kann aber durch Leistungszulagen aufgestockt werden. Sie wurde 2005 eingeführt. Seit dem war innerhalb des alten Besoldungssystems auch kein Aufstieg von der C2- in die C3-Besoldung mehr möglich. Bis Ende 2009 war ein Wechsel von der C- in die W-Besoldung noch mit einer Optionszulage möglich. Diese war als Ausgleich für den Einkommensverlust durch den Wechsel des Besoldungssystems gedacht. Danach waren nur noch Leistungszulagen möglich.
An der Hochschule Ludwigsburg war in den ersten Jahren ein Wechsel kaum möglich, da keine Mittel vorhanden waren, um Zulagen zu zahlen, wie der ehemalige Rektor erläuterte. Das änderte sich erst ab 2011, zu einem Zeitpunkt also, als das Gewähren einer Optionszulage bereits nicht mehr möglich war. Der Unterschied zwischen der C2- und der W2-Besoldung betrug damals 942 Euro.
Der Rektor betonte, dass der Erlass zur Neufassung der Leistungszulage vom Rektorat mit größter Transparenz vorbereitet worden sei. Der Erlass sei auch leistungsorientiert und nicht allein am Alter orientiert gewesen, betonte er. Durch ein Qualitätsmanagenentsystem habe man die Leistung der Professoren festgehalten, zugleich konnte eine regelmäßige Gewährung von Leistungen am Widerstand des Fakultätsrats scheitern. Die 13 Professoren, die die Zulagen erhalten hätten - im Schnitt waren dies 1500 Euro mehr-, hätten wichtige Aufgaben in der Hochschule wahrgenommen, seien langjährige Leistungsträger gewesen,so der damalige Rektor. Diese Leistungen habe man auch honorieren wollen.
Die Professoren sollten deshalb eine unbefristete Leistungszulage erhalten, die ab dem 1. Dezember 2013 auch ruhegehaltsfähig werden sollte, wie aus einem Schreiben an das Landesamt für Besoldung (LBV) hervorging, aus dem der Rektor zitierte. Das LBV habe daraus dann Vorsorgungsbezüge mit Berufungsleistungsbezügen gemacht. Nach Angaben des ehemaligen Rektors, habe man keinen Anlass gehabt, dies zu bezweifeln. Berufungszulagen werden allerdings normalerweise nur neu berufenen Professoren gewährt werden, nicht jedoch, Professoren, die bereits seit 20 oder 30 Jahren an einer Hochschule arbeiten, wie mehrere Mitglieder im Untersuchungsausschuss deutlich machten.
Der ehemalige Rektor war zugleich der Ansicht, dass auch Erfahrungsstufen nicht per se rechtswidrig seien. Verschiedene Bundesländer, darunter Hessen, Bayern, Sachsen und Rheinland-Pfalz, hätten solche eingeführt. Man habe darin eine Lösung aus dem Dilemma eines fehlerhaften Gesetzes gesehen. Es sprach davon, dass akzeptable Bedingungen für den vom Gesetzgeber geplanten Wechsel von der C in die W-Besoldung notwendig seien.
Die Ausschussvorsitzende Sabine Kurtz (CDU) konnte nicht verstehen, warum jemand, der seit 35 Jahren an einer Hochschule tätig sei, den Begriff der Berufungsleistungszulage übernommen habe. Der ehemalige Rektor verwies darauf, dass dies zwar üblicherweise ein Zulage für neue Professoren sei, es aber zu der Zeit eine Regelungslücke in Baden-Württemberg gegeben habe. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass ein Wechsel in die W-Besoldung bis Ende 2009 abgeschlossen sei. Das sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Die Obfrau der CDU im U-Ausschuss, Marion Gentges, machte jedoch deutlich, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg, nämlich der Landtag, sich damals auf Antrag der SPD genau mit der Frage befasst hatte, ob eine längere Übergangszeit eingeführt werden sollte. Der Gesetzgeber habe sich jedoch ausdrücklich dagegen ausgesprochen, Optionszulagen länger zuzulassen.
Der ehemalige Rektor habe sich als grundsätzlicher Kritiker der W-Besoldung gezeigt, sagte Kurtz im Gespräch mit Journalisten im Anschluss an die Befragung. Er habe selbst eine Regelungslücke festgestellt, die er in Ludwigsburg in Absprache mit dem Landesamt für Besoldung geschlossen habe. Rainer Podeswa (AfD) sprach davon, dass der Rektor zu jedem Zeitpunkt davon ausgegangen war, dass das LBW in Absprache mit dem Wissenschaftsministerium geduldet habe, dass die Versorgungslücke beim Umstieg von C2- auf W2-Besoldung über eine Berufungszulage, die dafür nicht vorgesehen sei, ausgeglichen werden könne.
Man sei fast sprachlos, wenn ein Rektor einer Verwaltungshochschule die Rechtsprechung und die Rechtsetzung selbst übernehme, sagte der Obmann der SPD, Sascha Binder. Auch Nico Weinmann (FDP) machte deutlich, dass es eine planwidrige Regelungslücke nicht gegeben habe. Dies sei im Landtag ausgeschlossen worden. Auch Thomas Hentschel (Grüne) hielt die Vorgehensweise für bedenklich. Er wies jedoch darauf hin, dass der ehemalige Rektor auch erklärt habe, dass er das Ministerium nicht über die Regelung informiert habe. Dieses habe folglich auch keine Rechtsaufsicht ausüben können.
Stutzig wurden alle Fraktionsvertreter angesichts von Äußerungen des Rektors, wonach er sich bei dem Erlass auch an anderen Hochschulen orientiert habe. Es könne sein, dass es noch weitere Fälle wie in Ludwigsburg gebe, sagte Kurtz. Das bedeute nicht, dass deshalb die Freiheit der Hochschulen in Frage gestellt würde, doch möglicherweise müssten Sicherungen eingebaut werden, so dass das Ministerium über bestimme Vorgänge frühzeitig informiert würde. Auch Binder betonte, dass bislang keine weiteren Hinweise vorlägen, abgesehen von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz.
Doch der Untersuchungsausschuss „Zulagen Ludwigsburg“ kann sich derzeit nicht mit den Vorgängen an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz befassen. Das Wissenschaftsministerium hat mit Verweis auf laufendes Regierungshandeln die Herausgabe der entsprechenden Akten abgelehnt. „Der Untersuchungsausschuss fordert die Regierung auf, bis in sechs Monaten die Akten betreffend der HTWG Konstanz vorzulegen“, sagte die Vorsitzende des U-Ausschusses, Sabine Kurtz (CDU).
Der Ausschuss gehe davon aus, dass das Regierungshandeln bis dahin abgeschlossen sein werde, so Kurtz. Überdies würden die Akten der Staatsanwaltschaft Konstanz beim Justizministerium eingefordert. Der U-Ausschuss hatte bereits vor der Sommerpause beschlossen, dass er sich auch mit der Zulagenpraxis an der Hochschule Konstanz befassen wolle. Der Beschluss sei vom Untersuchungsauftrag gedeckt, so die Mitglieder des Ausschusses.