Stuttgart. Der Landtag hat am Mittwoch über die am Montag von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) beschlossenen drei zentralen Bund-Länder-Vereinbarungen im Bereich Hochschule und Wissenschaft debattiert. Einen Tag, bevor die Ministerpräsidenten und Regierungschefs von Bund und Ländern die Neuregelungen am Donnerstag ratifizieren sollten, stand dabei der neue „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ als Nachfolger des Hochschulpakts 2020 im Mittelpunkt. Bund und Länder wollen mit dem Zukunftsvertrag gemeinsam die Qualität von Studium und Lehre verbessen und bedarfsgerecht die Studienkapazität in Deutschland vom Jahr 2021 auf Dauer erhalten. Drei Millionen Studierende sollen davon profitieren.
Der Bund stellt von 2021 bis 2023 jährlich 1,88 Mrd. Euro und vom Jahr 2024 an dauerhaft jährlich 2,05 Mrd. Euro bereit. Die Länder stellen zusätzliche Mittel in derselben Höhe bereit, sodass durch den Zukunftsvertrag bis 2023 jährlich eine gemeinsame Milliardeninvestition in Höhe von rund 3,8 Mrd. Euro und von 2024 an jährlich insgesamt 4,1 Mrd. Euro zur Förderung von Studium und Lehre zur Verfügung stehen wird. Die Verteilung der Bundesmittel auf die Länder soll bedarfsgerecht und transparent erfolgen anhand von kapazitäts- und qualitätsorientierten Parametern wie der Zahl der Studierenden, der Absolventen sowie der Studienanfänger. Die Verteilung wird den Plänen zufolge jährlich neu berechnet. Durch Übergangsregelungen sei sichergestellt, dass es zu keinem starken Bruch beim Wechsel vom Hochschulpakt 2020 zum Zukunftsvertrag kommt und die Studienkapazitäten an den Hochschulen bedarfsgerecht erhalten bleiben.
Der Zukunftsvertrag gewährleistet nach GWK-Angaben den bedarfsgerechten Erhalt der Studienkapazitäten, eine hohe Qualität von Studium und Lehre sowie finanzielle Planungssicherheit für die Hochschulen. Durch die dauerhafte Förderung von 2021 an kann insbesondere der Ausbau unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse des mit Studium und Lehre befassten Personals an den Hochschulen unterstützt werden. Darin sehen Bund und Länder einen wesentlichen Faktor für die Verbesserung der Qualität von Studium und Lehre. Dies ist ausdrückliches Ziel des Zukunftsvertrags.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) sagte in der Aussprache, der nach langen und schwierigen Verhandlungen zustande gekommene Zukunftsvertrag sei ein „klares Signal für die Hochschul- und Forschungslandschaft“ und ein „relevanter Beitrag zur Sicherung unserer Hochschulen“. Er biete Spielraum zur Entfristung von Stellen an den Hochschulen. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass Baden-Württemberg seit 2015 mehr als 2700 Stellen zusätzlich geschaffen oder entfristet habe. Bedenken, der Bund könne durch die Mittelbereitstellung in die Länderhoheit bei Wissenschaft und Forschung eingreifen, trat Bauer entgegen: „Wir werden nicht unsere Erstkompetenz und Zuständigkeit aushöhlen lassen.“
Für Alexander Salomon (Grüne) bekommt das Land durch den Zukunftsvertrag Planungssicherheit. Da die Verträge unbegrenzt gelten, sei dies „in Summe ein gutes Signal“ und wichtig für die Wissenschaft. Er hätte sich aber bei den drei Pakten weniger Bürokratie und Enge gewünscht und mehr Eigenständigkeit des Landes. Bei den nächsten Haushaltsplanungen werde auch über Innovationen an den Hochschulen im Südwesten geredet, kündigte Salomon an. Kritisch bemerkte er, dass Ungarn kurz nach der Europawahl die Wissenschaft einschränken möchte.
Wissenschaft, Lehre und Hochschulen bräuchten Geld, sagte Marion Gentges (CDU). Bei der Vereinbarung zwischen Bund und Land gehe es um „die Zukunft unseres Landes und unserer Kinder“. Wissenschaft und Bildung seien Zukunftsthemen allerersten Ranges. Und Baden-Württemberg profitiere besonders von den Verträgen.
Stefan Räpple (AfD) kritisierte fehlende Transparenz bei den GWK-Beschlüssen und bezeichnete dies als „Scheindemokratie“. Es gehe nur ums Geld, nicht um die Qualität der Wissenschaft. Die AfD stehe für Subsidiarität und bekämpfe „große qualitative Mängel“ in der deutschen Forschung und Wissenschaft“.
Der Bund unterstütze die Länder im Rahmen des Grundgesetzes, urteilte Gabi Rolland (SPD). Die enge Zusammenarbeit diene gleichermaßen Hochschulen wie Studierenden und gebe Forschung, Lehre und Wissenschaft Stabilität. Der SPD-Fraktion seien die Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen wichtig; sie fordere weniger Befristungen und mehr Festanstellungen. Dabei sei Baden-Württemberg Schlusslicht. Großen Respekt zollte Rolland den außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
Die Bund-Länder-Vereinbarungen spielen nach Auffassung von Nico Weinmann (FDP) eine zentrale Rolle zur Finanzierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Diese habe sich deutlich verändert, denn das Drittmittelaufkommen sei stark gewachsen und die Grundmittel stark gefallen. Es werde zunehmend schwieriger, das akademische Personal unbefristet anzustellen. Weinmann irritiert, dass im Pakt für Innovationen in der Hochschullehre das Wort „digital“ fehlt.