STUTTGART. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) legte sich in der Debatte über das von der FDP eingebrachte "Gesetz zum Bürokratieabbau für die Unternehmen in Baden-Württemberg" nicht fest, wie das umstrittene Bildungszeitgesetz weiterentwickelt werden soll. In Aussicht stellte sie aber "in jedem Fall" eine Lösung im Sinne des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg.
Gleich nach Amtsantritt hatte die Ministerin laut über weitreichende Reformen der von Grün-Rot in der vergangenen Legislaturperiode - nach dem Vorbild aller anderen Bundesländer - beschlossenen Freistellungen auch für eine allgemeine Weiterbildung nachgedacht. Sie musste ihre Überlegungen aufgeben, weil die grün-schwarze Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag eine Evaluierung erst nach zwei Jahren beschlossen hatte.
Für die FDP begründete der mittelstands- und handwerkspolitische Sprecher Erik Schweickert den Vorstoß auch mit dem Handelskonflikt zwischen den USA und China, der die Weltwirtschaft eintrübt und mit "auch für Deutschland leicht nach unten korrigierten Konjunkturprognosen". Gerade in solch einer Zeit sei es wichtig darüber nachzudenken, "wie man Unternehmen entlastet. Der Abbau unnötiger Bürokratie sei "das Gebot der Stunde". Denn auf diese Weise könnten sich "die Unternehmer wieder auf ihr Geschäft konzentrieren statt auf überflüssige staatliche Formalismen".
Schweikert forderte die Ministerin auf, genau aus diesem Grund auch das Bildungszeitgesetz zu beerdigen. Daniel Born (SPD) sprach daraufhin von "den Sonntagsreden über lebenslanges Lernen" und einem "marktradikaler Donnerstag", an dem die FDP die Bildungszeit abschaffen wollte. "Sie können doch nicht ernsthaft sagen", so Born an die Adresse der Liberalen, "wir haben schwierige Zeiten und deshalb schrauben wir jetzt an den Möglichkeiten für die Arbeitnehmer, sich weiterzubilden".
Hoffmeister-Kraut bezeichnete den Bürokratieabbau als ein ihr persönlich ganz wichtiges Anliegen, das sie "bei allen Entscheidungen im Blick" habe. Sie wandte sich ebenfalls direkt an die FDP und verwies darauf, dass der von der Landesregierung eingesetzte Normenkontrollrat grundsätzlich mit dem Bürokratieabbau befasst sei. "Und wir haben auch schon einiges erreicht", so Hoffmeister-Kraut. Als Beispiel führte sie die Novellierung der Landesbauordnung an, weil jetzt schneller und kostengünstiger gebaut werden könne und die Möglichkeit zur Digitalisierung der Verfahren eröffnet sei. Und sie warf der FDP einen Schlingerkurs vor, weil sie mal für Reform und mal für Abschaffung sei. Schweikert ging darauf direkt ein. Es habe sich um keinen Schlingerkurs gehandelt, sondern "wir wollten da retten, wass Ihnen zerbrochen am Boden lag".
Claus Paal von der CDU machte deutlich, dass es seiner Fraktion nicht mehr um eine Abschaffung des Bildungszeitgesetzes gehe, sondern um dessen Reform. Die Weiterbildung, das Ehrenamt und die politische Bildung seien viel zu wichtig, "um es einfach vom Tisch zu wischen". Denn die permanente Weiterbildung sei im Sinne der Wirtschaft und das Ehrenamt eine wichtige Säule der Gesellschaft - "und wie bedeutend politische Bildung ist, erleben wir hier im Parlament jeden Tag".
Alexander Schoch (Grüne) erläuterte die Bedeutung der Bildungszeit für Baden-Württemberg, das als dynamischer Wirtschaftsstandort mehr Weiterbildung brauche. Es ermögliche Arbeitnehmern, zielgerichtet an ihren Fähigkeiten zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln, gerade im digitalen Zeitalter.
Für die AfD beklagte Carola Wolle, dass allerdings nur 1,1 Prozent der Beschäftigten das Gesetz überhaupt in Anspruch nehmen: "Da frage ich mich, warum wurde es überhaupt eingeführt." Erreicht werden sollten bildungsferne Schichten. Die Evaluierung sage aber, dass 42,4 Prozent Abitur oder Hochschulabschluss haben. Damit müsse man sich doch die Frage stellen, ob das Ziel erreicht worden sei.
Die Wirtschaftsministerin machte das weitere Vorgehen deutlich. Dieses werde sich auf die Evaluation stützen. Viele Interessenvertreter hätten dazu Stellung genommen. In einem nächsten Schritt finde die politische Diskussion statt, und dann die regierungsinterne Abstimmung. "Wir machen sachorientierte Politik", kündigte Hoffmeister-Kraut an, "und wir nehmen die Betroffenen sehr ernst".