Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg" befasste sich an diesem Montag erneut mit der Krise an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. Befragt wurden zwei ehemalige Dekane, die mit für die Resolution der Fakultätsvorstände im März 2014 verantwortlich sind. Diese Resolution gilt als zentraler Punkt in der Hochschulkrise, die schließlich zur Entlassung der damaligen Rektorin führte.
Nach Angaben der ehemaligen Dekanin der Fakultät I, war die Resolution ein Hilferuf. Dieser richtete sich an die Hochschulöffentlichkeit, also Senat und Hochschulrat. "Wir waren verzweifelt", so die ehemalige Dekanin. Sie verwies darauf, dass die damalige Rektorin zwar eine kompetente Verwaltungsbeamtin gewesen sei. Doch eine Hochschule könne man nicht wie eine Verwaltung führen. Und eine Professorenschaft könne man nicht wie eine Truppe von Sachbearbeitern disziplinieren.
Sie räumte zugleich ein, dass die Rektorin am Anfang einen schweren Stand an der Hochschule gehabt habe, später aber übersteuert und in Dinge eingegriffen habe, die nicht ihre Aufgabe waren. Auseinandersetzungen entzündeten sich beispielsweise an der Evaluationsordnung, der Studien- und Prüfungsordnung für die Innenverwaltung und beim Prüfungsamt. Das Rektorat habe solche zunehmend Themen mit Kehl abgesprochen oder versucht sie ohne die Fakultäten zu verabschieden. So habe es einen Vorfall nach dem anderen gegeben. Bei einer Sitzung hätten die Dekane der Rektorin vorgeschlagen, das Landeshochschulgesetz zu studieren.
Ähnlich schilderte auch der ehemalige Dekan der Fakultät II die Problematik an der Hochschule. Er sprach davon, dass die Wortwahl der Rektorin gewöhnungsbedürftig gewesen sei und nicht immer diplomatisch. So habe sie etwa vom früheren Rektorat als krimineller Vereinigung gesprochen oder bei einer Weihnachtsfeier davon, dass sie gekommen sei, den Saustall auszumisten, nannte er zwei drastische Beispiele. Auch er betonte, dass man mit der Resolution zunächst keine Abwahl der Rektorin im Sinn gehabt habe, sondern vielmehr hochschulintern auf die Probleme aufmerksam machen wollte.
Nachdem Dekanate und Rektorat bis etwa zum Sommer 2013 gut zusammengearbeitet hätten, habe sich dies ab dem Herbst dieses Jahres zunehmend verschlechtert, sagte die ehemalige Dekanin. Nach einer Sitzung am 12. März 2014 habe man sich dann für die Resolution an Senat und Hochschulrat entschieden. Diese sei innerhalb von zwei Tagen entstanden. Auf die Frage, warum man sich gegen eine von der Rektorin vorgeschlagene Mediation gestellt habe, machte die ehemalige Dekanin deutlich, dass man zu diesem Zeitpunkt darin keinen Sinn gesehen habe. Das Vertrauen sei zu diesem Zeitpunkt bereits zerstört gewesen.
Auf die Frage, ob die Krise ihren Ursprung in der Zulagenaffäre gehabt hätte, sagte die Dekanin, damals hätte sie dem sicher nicht zugestimmt. Heute würde sie jedoch sagen, dass die Fakultätsvorstände, die die Resolution unterzeichnet haben, unterschiedliche Interessen gehabt hätten. Die Schnittmengen seien der Ton und die Art und Weise des Umgang gewesen sowie die Zusammenarbeit zwischen Rektorat und Fakultäten. Bei jedem einzelnen seien dann weitere Punkte hinzugekommen. Da könnte auch die Wechslerproblematik bei dem einen oder anderen eine Rolle gespielt haben.
Bei der Bewertung der Rolle des Wissenschaftsministeriums kamen die beiden Dekane allerdings zu einer unterschiedlichen Einschätzung. Während die ehemalige Dekanin der Fakultät I sich vom Ministerium im Stich gelassen fühlte, sah der ehemalige Dekan der Faktultät II das nicht so.
Am Nachmittag befragte der Ausschuss zudem die Ermittlungsbeauftragte, die vom Untersuchungsausschuss eingesetzt worden war. Nicht-öffentlich liegt den Ausschussmitgliedern ihr Bericht bereits vor. Die ehemalige Richterin Heike Haseloff-Grupp sieht die Hochschule wieder auf einem guten Weg. Sie ist der aktuellen Situation an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg nachgegangen.
Nach Angaben von Haseloff-Grupp befand sich die Hochschule 2014 in einer besonders schwierigen Situation. Doch die Neuberufung von leistungsstarken, engagierten Professoren und der Austausch der Führungskräfte hätte dazu beigetragen, dass sich die Situation an der Hochschule wieder verändert habe. Trotz der Gräben an der Hochschule, so Haseloff-Grupp, habe die Lehre an der Hochschule stets funktioniert. Der Rektor sei sehr zukunftsorientiert, doch auch einem noch so guten Rektor werde es an keiner Hochschule gelingen, es allen Professoren und Studierenden recht zu machen.
Die umstrittenen Zulagen für die Wechsler beschäftigt die Hochschule immer noch insofern, dass sie sich nach Ansicht einiger Professoren negativ auf den Zulagentopf auswirken. Diese Zulagen erhalten die Professoren leistungsunabhängig, erläutert die Ermittlungsbeauftragte. Junge Professoren hingegen müssten für ihre Zulagen besondere Leistungen erbringen, die auch entsprechend bewertet werden. Das führe zu Unruhe.
Kritik am Bericht der Ermittlungsbeauftragten kam von Gabi Rolland (SPD). Aus Sicht der Obfrau der SPDstellt der Bericht die Situation an der Hochschule "eher oberflächtlich" dar. Es sei versäumt worden, bei Aussagen zum heutigen Rektorat nachzuhaken. Eine Kritik, die von den anderen Obleuten so nicht geteilt wurde. Marion Gentges (CDU) sagte, dass sie die Schlüsse der Ermittlungsbeauftragten gut nachvollziehen könne. Für Nico Weinmann (FDP zeigte sich durch den Bericht auch, dass das Thema Zulagen und die fehlende disziplinarrechtliche Aufarbeitung an der einen oder anderen Stelle bis heute nachwirke. Wohingegen für Thomas Hentschel (Grüne) kein Zusammenhang zwischen der Hochschulkrise und den Zulagen bestand. Die Dekane hätten bestätigt, dass einzig der Führungsstil der damaligen Rektorin das Problem gewesen sei.
Ausschussvorsitzende Sabine Kurz (CDU) berichtete zudem, dass der Untersuchungsausschuss sich nicht mehr mit den Zulagenfällen an der Hochschule in Konstanz befassen werde. Zugleich machte sie deutlich, dass die Aufarbeitung dort sehr viel enger vom Wissenschaftsministerium begleitet wird, als dies in Ludwigsburg der Fall war.Sie äußerte die Vermutung, dass es den Untersuchungsausschuss möglicherweise nicht gegeben hätte, wenn man dies damals bei der Hochschule Ludwigsburg ebenso gemacht hätte. "Dem kann man sich mit gesundem Menschenverstand nicht entziehen", so Kurtz.
Als nächstest soll Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) nochmals vom Ausschuss befragt werden. Dies wird voraussichtlich im März der Fall sein. Kurtz rechnet danach mit etwa 20 Wochen, um den Bericht des Ausschusses fertigzustellen. Er soll spätestens direkt nach der Sommerpause im Landtag vorgelegt werden.