Stuttgart. In seinem vierteljährlichen Bericht über aktuelle europäische Themen hat Europaminister Peter Friedrich (SPD) eine positive Bilanz gezogen. Baden-Württemberg habe als erstes Bundesland vollständig seine Unterlagen für die verschiedenen europäischen Förderprogramme eingereicht.
Deshalb erwarte der Südwesten auch wieder Zuschüsse aus dem Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), aus dem Sozialfonds (ESF), aus dem Fonds für die Entwicklung des Ländlichen Raums (ELER) und um das Interreg- A-Programm. Wenig Verständnis äußerte der Minister für die Pläne in Brüssel, die Mittel für Forschungszwecke zu kürzen. Er bezog sich auf die Beteiligung Baden-Württembergs am „Philae“-Projekt der Europäischen Weltraumagentur Esa.
Friedrich berichtete am Donnerstag im Landtag, zum 1. Januar 2015 würden in der EU gemeinsame Asylstandards eingeführt. Es sei allerdings noch unklar, wie sich die einzelnen Mitgliedsländer an dieser zentralen Frage der Flüchtlingspolitik beteiligen. Der Minister begrüßte die geplante strengere Aufsicht im Rahmen des einheitlichen Bankenabwicklungsfonds, sprach sich aber für Sonderregelungen gerade der kleinen, oft genossenschaftlich organisierten Banken aus. Auch in Sachen Meisterbrief dürfe die EU „nicht die Axt anlegen“; so sei die im Südwesten praktizierte duale Ausbildung inzwischen oft kopiertes Modell für andere Staaten. Optimistisch zeigt sich Friedrich in Sachen des Transatlantischen Handelsabkommens (TTIP); sie könne die Globalisierung im Handel regeln.
Wolfgang Reinhart (CDU) forderte die Landesregierung auf, den Bürgern Europa noch mehr „näher zu bringen“. Der Kontinent stehe vor großen Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik und der Integration von Ausländern. Durch den Konflikt mit Russland sei die deutsche Wirtschaft - bei Einbrüchen von 15 Prozent – beeinträchtigt. Deshalb bräuchten gerade kleine und mittlere Unternehmen „Stärkung“.
Josef Frey (Grüne) äußerte Zweifel, dass der neue Kommissionspräsident und eine Reihe der EU-Kommissare ihren Aufgaben gewachsen sind. Namentlich nannte er neben Jean-Claude Juncker, der durch die Luxemburger Steuersparmodelle tangiert ist, auch Miguel Arias Canete und Jonathan Hill. Aus seiner Sicht sind bei Personalentscheidungen „Böcke zum Gärtner gemacht“ worden. Für Rita Haller-Haid (SPD) nimmt das Wohlstandgefälle zwischen Nord und Süd in Europa weiter zu. Das soziale Gefälle verschärfe sind, die Spaltung werde durch zu wenig Wirtschaftswachstum verstärkt. Dennoch dürfe man um Europa herum „keine neuen Mauern bauen“. Sie kritisierte die Eskalation in Spanien zwischen der Zentralregierung und Katalonien, als einer der fünf Motoren ein Partner Baden-Württembergs. Europa brauche „kein Mehr an Nationalstaat und Nationalstaaten“, sagte Haller-Haid. Sonst drohe es auseinander zu brechen.
Zweifel, ob die europäische Wirtschaft auf die Beine kommt, hegte Niko Reith (FDP). Er kritisierte das Vorgehen der EZB, deren Zinspolitik die Sparer und Banken zu „Verlierern“ mache. Juncker agiere bisher „wenig vorausschauend“. In der Asylpolitik forderte Reith, stärker die Chancen zu betrachten, weil Flüchtlinge ein Teil der Gesellschaft werden können, wenn sie Arbeitsstellen antreten können. Der Liberale ging auch auf das Verhältnis zur Schweiz ein, wo mehr Sensibilität gefragt sei. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) müsse das Thema Fluglärm angehen, denn die Menschen in Südbaden „fühlen sich im Stich gelassen“.