Schwule und lesbische Beamte werden mit heterosexuellen gleichgestellt

28.06.2012 
Redaktion
 

Stuttgart. Gleichgeschlechtliche Paare im Beamtendienst des Landes werden in dienstrechtlichen Fragen künftig den in einer Ehe lebenden Beamten gleichgestellt. Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid brachte heute den entsprechenden Gesetzentwurf der Landesregierung in den Stuttgarter Landtag ein. In erster Lesung bekräftigten Sprecher aller vier Fraktionen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Es wird hinsichtlich des Besoldungsrechts rückwirkend vom 1. September 2006 an wirksam.

Grüne und SPD hatte in ihrem Koalitionsvertrag die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe im öffentlichen Dienst vereinbart. Verpartnerte lesbische Beamtinnen und schwule Beamte sollen dadurch künftig gleich behandelt werden wie heterosexuelle Paare. Ehebezogene gesetzliche Regelungen im öffentlichen Dienst werden auf diese Lebenspartnerschaften übertragen.

Schmid bezeichnete den Gesetzentwurf als wichtigen Schritt zur echten Gleichstellung in Baden-Württemberg. Im Besoldungsrecht werden die ehebezogenen Regelungen zum Familienzuschlag auf Lebenspartner erweitert. Auch das Versorgungs-, Beihilfe, Reise- und Umzugsrecht sowie das Trennungsgeld werden entsprechend angepasst. Der Minister rechnet mit zusätzlichen Aufwendungen von 1,29 Millionen Euro.

Als „längst überfällig“ bezeichnete Reinhard Löffler (CDU) die geplante Gleichstellung. Lebenspartner seien Angehörige, egal ob es sich dabei um gleichgeschlechtliche oder andere handele. Deshalb sei es Zeit, das Beamtengesetz anzupassen; zumal sich entsprechende Bestimmungen auch im Abgeordnetengesetz finden. „Mir ist es egal, ob mir ein homosexueller Beamter, eine lesbische Beamtin oder ein heterogener Beamten einen Strafzettel verteilt - ich ärgere mich gleichermaßen darüber“, gestand Löffler. Seine Partei hatte in der Regierungszeit die gesetzliche Anpassung nicht in Angriff genommen, obwohl das Bundesverfassungsgericht im Juli 2009 und das Bundesverwaltungsgericht im Oktober 2010 den Anspruch auf die Gleichgestellung festgestellt hatten. In der Europäischen Gleichstellungsrichtlinie waren bereits 2003 die unterschiedlichen Lebensformen gleichgestellt worden.

Für Brigitte Lösch (Grüne) endet mit dem Gesetz die Benachteiligung von gleichgeschlechtlichen Paaren. „Die staatliche Diskriminierung gehört der Vergangenheit an“, urteilte Lösch erfreut. Bei den Betroffenen handele sich um einen überschaubaren Personenkreis. So seien 2003 gerade 35 Paare und im laufenden Jahr 92 Paare beim Landesamt für Besoldung und Versorgung gemeldet, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben. Lösch verteidigte auch die Rückwirkung der Bestimmungen zum 1. September 2006, die das Land nach Angaben von Nikolaos Sakellariou (SPD) 5,4 Millionen Euro kostet. „Wir dürfen andere Formen des Zusammenlebens nicht schlechter behandeln als die Ehe“, sagte der SPD-Abgeordnete.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke bemerkte süffisant, die Liberalen würden sich „auch dem zweitbesten Vorschlag“ nicht verweigern. Der von seiner Fraktion bereits zu Beginn der Legislaturperiode vorgelegte und von Grün-Rot abgelehnte Entwurf sei moderner und zukunftsfähiger. Es komme jetzt aber darauf an, die Gleichstellung rasch umzusetzen. Die Liberalen hatten vorgeschlagen, dass auf einen ehebezogenen Teil des Familienzuschlags verzichtet wird und die dadurch frei werdenden Finanzmittel innerhalb des Familienzuschlags zugunsten der Kinder erhöht werden.


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