Kultusetat wird erstmals Zehn-Milliarden-Grenze übertreffen

12.12.2014 
Redaktion
 

Stuttgart. Die grün-rote Landesregierung stellt die Bildung weiterhin ins Zentrum ihrer Arbeit. Deshalb wird der Etat des Ministeriums für Kultus und Sport mit 10,1 Milliarden Euro im Jahr 2016 erstmals in der Landesgeschichte die 10-Milliarden-Grenze übertreffen. Im kommenden Jahr sieht der Einzelplan 04 Ausgaben in Höhe von 9,88 Milliarden Euro vor, 250 Millionen Euro mehr als 2014. Dabei profitiert das Land von der Übernahme des BAföG durch den Bund, was eine Entlastung von 120 Millionen Euro für zwei Jahre bedeutet. „Investitionen in die Aus- und Weiterbildung der Menschen in Baden-Württemberg bilden die Grundlage für den Wohlstand in unserem Land und für die Realisierung eigener Lebenskonzepte. Bildung ist die Zukunft dieses Landes“, sagte Kultusminister Andreas Stoch (SPD) am Freitag in der zweiten Lesung des Staatshaushaltsplanes 2015/16.

87 Prozent der Ausgaben des Kultus-Ressorts sind Personalkosten. Die einst von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) angekündigte Streichung von 11 600 Lehrer-Stellen wegen zurückgehender Schülerzahlen ist längst vom Tisch: Stoch kündigte an, im Schuljahr 2015/16 überhaupt keine Lehrerstellen zu streichen. Zum Schuljahr 2016/17 sollen 400 Lehrerstellen abgebaut werden. Bis 2020 plant der Minister mit der Reduzierung weiterer 1500 Lehrerstellen. Grund dafür sei, dass die Schülerzahlen langsamer zurückgehen als zunächst prognostiziert.

Als Erfolg wertete Stoch, dass Grün-Rot die Bugwelle, also aufgelaufene Überstunden, in Höhe von 3124 Deputaten (2011) um gut 10 Prozent abbauen konnte. Auch der Fehlstundenanteil an beruflichen Schulen, der zu CDU/FDP-Regierungszeiten noch 4,4 Prozent des Pflichtunterrichts betragen habe, sei mehr als halbiert worden. 1,015 Milliarden Euro sind im Doppelhaushalt für die beruflichen Schulen veranschlagt. Der Kultusminister geht davon aus, dass die Zahl der Gemeinschaftsschulen bis 2020 auf 500 steigen wird; momentan sind es 209 Schulen dieser integrativ ausgerichteten neuen Schulart. Stoch will den Gemeinschaftsschulen auch eine eigene Oberstufe ermöglichen.

70 Prozent der Grundschulen sollen Ganztagsschulen werden

Auch der Ganztagesunterricht, der an 164 Grundschulen und 15 Grundstufen von Förderschulen angelaufen ist, soll bis in zehn Jahren auf 70 der Prozent der Grundschulen ausgebaut werden. Zudem unterstütze das Land die Privatschulen, so dass diese jetzt schon eine Kostendeckung von fast 79 Prozent erreichen. Zum August 2015 sollen die Zuschüsse um weitere 6,7 Millionen Euro erhöht werden. Mehr Geld wird auch der Sport erhalten: 2015 fördert das Land den Sport mit 86,7 Millionen Euro, der kommunale Sportstättenbau wird mit 29 Millionen Euro bezuschusst. Auch lebenslanges Lernen will Grün-Rot fördern und stellt für die Grundförderung der allgemeinen Weiterbildung 12,5 Millionen Euro im Doppelhaushalt zur Verfügung.

Die Opposition nutzte die Debatte zum Generalangriff auf die Bildungs- und Schulpolitik der Landesregierung. Georg Wacker (CDU) warf Grün-Rot vor, ihr Prestigeprojekt Gemeinschaftsschule zu bevorzugen und andere Schularten zu benachteiligen. „Jedes Kind verdient aber eine gleichberechtigte finanzielle Förderung“, sagte der frühere Kultus-Staatssekretär. Er begründete dies mit den Ausgaben je Schüler, die für den Gemeinschaftsschüler das Zweieinhalbfache eines Realschülers und das Doppelte eines Gymnasiasten betragen. Pro Jahr und Schüler würden 7000 Euro in der Gemeinschaftsschule, 3600 Euro im Gymnasium, 2800 Euro in der Realschule und 3000 Euro in der Haupt- und Werkrealschule ausgegeben. Angesichts der Sitzenbleiberquote von 07 Prozent bei den Fünftklässlern verlangte Wacker einen „Qualitätsnachweis“ der Gemeinschaftsschule.   

Inklusion als „größte Baustelle“

Wacker bezeichnete die Inklusion als „größte Baustelle“ der Regierung, das fehlende Gesetz sei verantwortungslos und führe zur Verunsicherung an den Schulen. Der CDU-Schulexperte bemängelte auch, dass die von Stoch angekündigte Stärkung der Realschulen mit 500 neuen Deputaten aus seiner Sicht „zwar ein richtiger Schritt“ sei, aber die Stellen nicht im Doppelhaushalt ausgewiesen seien.

Dafür werde es einen Nachtragshaushalt 2015 geben, erklärte Sandra Boser (Grüne). Sie stimmte Lobeshymnen auf das Bildungskonzept von Grün-Rot an und rechtfertigte die Einführung der Gemeinschaftsschulen: „Wer deren Rücknahme fordert, fördert das Schulsterben im Ländlichen Raum.“ Die Priorität der Landesregierung liege in einer Bildungspolitik „vom Kleinkind bis zum Senior“, erklärte Boser und sparte nicht mit Eigenlob: In die Bildung werde so viel Geld investiert wie von keiner Landesregierung zuvor.  Baden-Württemberg brauche Akademiker und Handwerker, weshalb für die beste Versorgung der beruflichen Schulen gesorgt worden sei.

SPD lobt bessere Unterrichtsversorgung

Stefan Fulst-Blei (SPD) griff harsch die Opposition an. Schwarz-Gelb seien die „Lehman Brothers“ der Bildungspolitik, sagte er und kritisierte die CDU, dass sie am Samstag nicht an den vom SPD-Landesvorsitzenden Nils Schmid initiierten Gespräch über den Schulfrieden teilnehmen wird. Aus seiner Sicht hat Grün-Rot  vieles wieder ins Lot gebracht: Fulst-Blei erwähnte die „historische Höhe“ des Kultus-Etats, die bessere Unterrichtsversorgung an den Schulen, der Verzicht auf Streichung von Lehrerstellen und die Einführung der Gemeinschaftsschulen. „Unsere Investitionen laufen nach dem Motto „Mehr Bildungsgerechtigkeit“. 

Timm Kern (FDP) goss jedoch etwas Wasser in den grün-roten Wein. Der Etat tauge nicht für den Schulfrieden, konstatierte der Liberale. Er wies auf die mangelnde Unterstützung der freien und internationalen Schulen hin, kritisierte auch, dass „über Inklusion nichts im Haushalt steht“ und dass der Minister endlich ein „Bedarfsdeckungskonzept“ vorlegen müsse. Außerdem müsse Stoch erst noch beweisen, dass er es mit der „echten Stärkung der Realschulen“ ernst meine. Kern fehlt in der grün-roten Landesregierung „auch der Sinn“ für das ehrenamtliche Engagement im Sport.


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Titelbild Staatsanzeiger