Schulfrieden ausgerufen – FDP und AfD protestieren

21.07.2016 
Redaktion
 

Stuttgart. Nach Jahrzehnten der Debatten um die Struktur des Schulsystems in Baden-Württemberg, hat der stellvertretende CDU-Fraktionschef Karl-Wilhelm Röhm den Streit für beendet erklärt. In einer von der FDP beantragen Aktuellen Debatte zu den Ergebnissen des bundesweiten Leistungsvergleich „Vera 8“, es sei „nicht mehr die Zeit über Strukturen zu diskutieren, sondern über Qualität im Unterricht“. Dementsprechend weitsichtig sei der Koalitionsvertrag angelegt. „Die Richtung heißt für uns, vorwärts zu besserer Bildung“, so Röhm, der in der vergangenen Legislaturperiode einer der schärfsten Kritiker der grün-roten Bildungsreformen war.

Die neue Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) machte deutlich, dass einzelne Konzepte, etwa schreiben in der Grundschule nur nach hören zu erlernen, überprüft werden. Auch die frühere Stuttgarter Schulbürgermeisterin bezeichnete die Strukturdebatte aber als überwunden. In dieser Legislaturperiode werde die Verbesserung der Qualität im Unterricht im Mittelpunkt der Bildungspolitik stehen. Grundsätzlich nannte Eisenmann Leistungsvergleich hilfreich. „Die aktuellen Ergebnisse können nicht zufriedenstellen, sie sind aber auch kein Grund zur Panik“, so die Ministerin.

Ergebnisse noch immer besser als in den meisten anderen Ländern

Der aktuelle bundesweite Leistungsvergleich "Vera 8" hat Baden-Württembergs Schüler und Schülerinnen Schwächen beim Schreiben und Rechnen attestiert und aufgezeigt, dass die Ergebnisse noch immer besser als in den meisten anderen Ländern sind, dass die aber aufholen, etwa wenn es um Mängel bei der Rechtschreibung und in Mathe gehe. Eisenmann kündigte an, die Studien detailliert zu analysieren und mit allen Beteiligten die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. „Meine große Hoffnung ist, dass wir zwar parteiübergreifend streiten“, so Eisenmann. Dazu lade sie alle Fraktionen, dazu seien Schulstrukturdebatten aber nicht mehr von Nöten.

Timm Kern, der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion und die Redner der beiden AfD-Gruppierungen wollten diese Einladung aber nicht annehmen. Kern nutzte die Debatte zur Abrechnung mit der grün-roten Bildungspolitik. Die „ideologische Dampfwalze“ sei in der vergangenen Legislaturperiode über alle Bedenken hinweggerollt. Die Demontage von Leistungsanforderungen wirke demotivierend, „gerade auch für Kindern, deren Eltern kein wachsames Auge auf die Bildungsfortschritte ihrer Kinder haben können“. Grün-Rot habe den „Bildungserfolg nicht von der sozialen Herkunft abkoppeln wollen, sondern von der Leistung“. Und jetzt habe „Vera 8“ erbracht, dass eine Drittel der Achtklässler nicht über Grundschulniveau hinauskomme. Die vergangenen fünf Jahre seine ein Rückschritt gewesen fürs Land und geprägt gewesen von grüner Weltverbesserung.

AfD spricht von „grauem Einheitsbrei aus mittelmäßigen Schülern“

Noch härter ins Gericht ging die „Alternative für Deutschland“ (AfD) mit der Entwicklung im Land. Stefan Räpple, von Beruf „psychologischer Berater“, stellte für die ursprüngliche Fraktion in Frage, ob die Bildungspolitiker von Grünen, SPD und CDU überhaupt ein Gehirn hätten. Er sprach „von Gutmenschen-Pädagogik“ und der „Krankheit des Zeitgeistes seit 1968“. Claudia Martin beklagte für die neue Teilfraktion rund um den Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen, dass die Gemeinschaftsschulen einen „grauen Einheitsbrei aus mittelmäßigen Schülern“ züchte und Baden-Württemberg von anderen Bundesländern um Längen überholt worden sei.

Stefan Fulst-Blei (SPD) kritisierte dagegen Kern scharf, der beides sei wollte, „Schulfriedensmann“ und „Kreuzritter der Dreigliedrigkeit“. Er empfahl, die Vera-Ergebnisse „genau anzugucken“, vor allem für die Hauptschulen, in denen es nicht nur einen Leistungsabfall gebe, sondern auch die Eltern für Lehrkräfte immer schwieriger zu erreichen sind. Und der Mannheimer Abgeordnete warnte die neue Landesregierung davor, an der falschen Stelle zu sparen. Auch Sandra Boser wandte sich direkt an Kern und die FDP-Fraktion: „Nehmen Sie ihre ideologische Brille ab“. Die Leistungsergebnisse im Land würden seit 2000 kontinuierlich schlechter. Gerade die Schüler und Schülerinnen in den Gemeinschaftsschulen kämen aber nach „Vera 8“ an den Lernstand der Realschüler heran. „Das zeigt doch“, so Boser, „dass wir auf dem richtigen Weg sind.“


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Titelbild Staatsanzeiger